Sportvorstand Sammer: „Werden die richtigen Antworten finden“
München (dpa) - Fragen an Bayern Münchens Sportvorstand Matthias Sammer nach dem 0:4 im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid.
0:4 gegen Real Madrid. Wie ist Ihre Stimmungslage?
Sammer: Natürlich nicht gut, aber zum Sport gehört in so einer Situation auch dazu, dass man dem Gegner gratuliert. Er war in beiden Spielen sehr stark, hat diesmal direkt zwei Standardsituationen genutzt. Das hat die Beine unserer Spieler natürlich nicht leichter gemacht. Wir sind traurig, gar keine Frage. Aber wir müssen auch dem Gegner gratulieren und anerkennen, dass er verdient weitergekommen ist.
Waren Sie nach dem 0:1 und 0:2 überrascht, dass da nichts von der Bayern-Mannschaft kam?
Sammer: Das stimmt ja nicht. Wenn Sie mal Fußball gespielt haben auf dem Niveau, ist das unglaublich schwer. Man hat in Madrid gegen eine defensiv sehr gut organisierte Mannschaft gespielt, gegen die man in Kontersituationen laufen kann. Das hat man psychologisch im Kopf. So zwei schnelle Gegentore, das lähmt ganz einfach und trägt nicht dazu bei, dass man über den Platz fliegt. Das muss man akzeptieren - und auch die Klasse des Gegners: Das war fantastisch, was Real Madrid gespielt hat, das müssen wir anerkennen.
Kann man auch das Fazit ziehen, dass Bayern München vor allem im Heimspiel Real Madrid in den entscheidenden Momenten nicht das Wasser reichen konnte?
Sammer: Standardsituationen sollte man besser verteidigen. Das haben wir nicht gemacht, dann liegst du 0:2 hinten. Wenn man dann das 0:1 aus dem Hinspiel hat, rechnet man hoch. Die Spieler wissen dann auch, was man ungefähr für ein Ergebnis bräuchte - und das dient nicht gerade zu einer psychologischen Topsituation. Das zieht einen natürlich runter und macht einen traurig. Das ist ein Schlag, den man bekommt, das ist nicht angenehmen und schön. Den zu verkraften, das kann keine Mannschaft der Welt.
Haben Sie als früherer Defensivstratege nicht mal empfohlen, dass es neben Raum- auch Manndeckung gibt? Gerade da war das Team bei Standards anfällig.
Sammer: Ich will jetzt keine Diskussion darüber führen, was alles möglich ist. Als Mannschaft hat man sich in so einer Situation auch zu beweisen, hat man auch zusammenzustehen und nicht zu versuchen, irgendwelche Ausreden zu suchen oder zu sagen dieses oder jenes ist schuld. Wir haben als Mannschaft, als Club verloren. Aber jetzt muss man sich auch hinstellen und sich selber auch sagen, das ist ein großer Gegner gewesen. Wir werden die richtigen Antworten finden, um aus einer guten Saison mit dem Pokalsieg eine sehr gute zu machen. Das muss unser Ziel sein.
Wie geht es jetzt weiter. Wie werden Sie auf die Mannschaft einwirken, wie der Trainer?
Sammer: Wir werden sicherlich nicht hektisch agieren. Wir werden das aushalten müssen, was kommt. Man muss sich in so einer Situation Kritik stellen und Kritik gefallen lassen. Aber wir werden in Ruhe analysieren, weil das immer das Wichtige ist. Und dann werden die richtigen Antworten finden.
Hat die frühe Meisterschaft vielleicht ein paar Prozentpünktchen gekostet.
Sammer: Wir meinen ja alle, wir könnten das super analysieren. Aber so früh ist halt noch keiner Meister geworden. Und jetzt sagen alle, muss man sich möglicherweise anders und besser verhalten, aber keiner hat die Erfahrung gemacht. Es ist ja durchaus möglich, dass da irgendwas passiert ist und das man jetzt nur noch das Negative sieht und vergisst, dass das eine Glanzleistung war. Aber gar keine Frage: Danach geht der Leistungssport immer weiter und auf dem Niveau kann man sich nicht ein Prozent oder zwei Prozent erlauben. Wir werden das in Ruhe analysieren. Ich möchte nur die warnen, die die ganz klugen Ratschläge haben - diese Situation hat noch niemand gehabt.
Sie sprechen von einer guten oder sehr guten Saison? Ist der Druck für das Pokalfinale am 17. Mai gegen Dortmund deutlich höher?
Sammer: Wir wollen in Berlin erfolgreich sein, dazu muss man sich jetzt ein bisschen schütteln. Wir wollen erstmal die Bundesliga weiter gut absolvieren und uns dann dementsprechend auf das Pokalfinale vorzubereiten.
Wie schwer fällt es Ihnen, nach dieser Niederlage so ruhigzubleiben?
Sammer: Das fällt mir nicht schwer. Denn wenn man Champion ist - und wir sind noch der Champion - muss man auch in einer Niederlage versuchen, ein Champion zu sein. Nichts anderes versuche ich gerade - ob es mir gelingt, das weiß ich nicht.