Stevens und die harten Zeiten: „Im Leben weitergebracht“
Stuttgart (dpa) - Huub Stevens steht mit dem abstiegsbedrohten VfB Stuttgart vor dem nächsten Endspiel in der Fußball-Bundesliga. Bei Bayer Leverkusen am Freitag geht es wohl auch um seinen Job. Eine Annäherung an einen Menschen und Trainer, der unter großem Druck steht.
29. November 1953
Huub Stevens kommt als Sohn von Joseph und Mia Stevens zur Welt. Er wächst in einem Arbeiterviertel in Sittard auf. Der Vater arbeitet 30 Jahre hauptsächlich nachts in der Staatlichen Grube Staatsmijn Maurits und baut dort Kohle ab. Dann wird er wegen seiner geschädigten Lunge für berufsunfähig erklärt. Mutter Mia ist das Familienoberhaupt. „Den größten Teil meiner Freizeit habe ich auf der Straße verbracht und Fußball gekickt“, erinnerte sich Huub Stevens. Seinen Eltern bereitet er auch mal Kopfzerbrechen. Als Achtjähriger rast er mit seinem neuen Tretroller in das örtliche Flüsschen Kötelbeek. „Er hatte einfach kein Gefühl für Gefahr“, räumte seine Mutter in der Biografie über Huub Stevens des Autoren Theo Vaessen ein. Eine Nachbarin fischt ihn aus dem schnell fließenden Gewässer.
4. Mai 1971
Stevens' Vater kommt bei einem Unfall mit einem Kleinbus zwischen Düren und Aachen ums Leben. „Meine erste Begegnung mit dem Tod war eine schreckliche Erfahrung. Gerade 17 Jahre alt und schon ohne Vater, ohne den Mann, der mir den Weg gezeigt hatte“, erzählte Huub Stevens, der seinen Vater so verehrt hatte. „Pa ackerte wie ein Pferd, er war ein starker, großartiger Kerl.“ Huub Stevens, der dritte von fünf Söhnen, muss fortan noch mehr Verantwortung übernehmen: „Ich habe mein Leben verflucht. Das war damals eine harte Zeit, aber auch aus dieser Zeit habe ich viel gelernt.“ Stevens macht eine Schlosserlehre, spielt nebenher Fußball und unterstützt damit die Familie. „Das hat mich auch im Leben weitergebracht.“
21. Mai 1997
Als Trainer feiert Stevens seinen größten Erfolg. Mit dem FC Schalke 04 schafft er das königsblaue Wunder und gewinnt gegen Inter Mailand den UEFA-Cup. Harte Arbeit ist für Stevens da schon lange die Essenz seines Schaffens. „Müßiggang ist des Teufels Ruhebank“, habe schon das Motto seiner Eltern gelautet, erinnerte sich Stevens, der sich gegenüber Journalisten gerne mal unnachgiebig gibt. Härte muss auch auf dem Rasen sein. „In bestimmten Situationen ist auch eine gewisse Rücksichtslosigkeit gefragt“, erläuterte Stevens, der für die aktuelle Spielergeneration viel Verständnis aufbringt. „Ich glaube, dass es für die Jungs heute viel schwieriger ist. Sie verdienen in jungem Alter schnell viel Geld und müssen damit erstmal umgehen. Wir sind damals auch im finanziellen Bereich mit einer gewissen Gleichmäßigkeit aufgewachsen.“
19. November 2007
Stevens erklärt beim Hamburger SV seinen Abschied zum Saisonende. Der Trainer wechselt zur PSV Eindhoven, um näher bei seiner damals schwer erkrankten Frau Toos zu sein. 1972 lernen sich die beiden in einem Café in Sittard kennen, heiraten später und bekommen die Kinder Maikel und Laura. Vor allem die Phase beim HSV ist für Stevens schwer. Er habe um das Leben seiner Frau und die Rettung der Hanseaten kämpfen müssen, rekapitulierte er in der Biografie. Stevens musste nicht erst da hart gegen sich selbst sein. Als Trainer ist er eine Mischung aus Kumpeltyp und Disziplinfanatiker, der sich auch vor abgegriffenen Fußball-Floskeln nicht scheut. Vor Klartext schreckt Stevens genauso wenig zurück. So sagt der beim VfB in der Kritik stehende Coach nach der Nullnummer gegen Hertha BSC: „Ich kann über die Trainerfrage nur noch lachen.“