Stevens verlässt Stuttgart als „Jahrhundertretter“

Stuttgart (dpa) - Nach der viel umjubelten Rettungsmission prasselte von allen Seiten Lob auf Huub Stevens herab, an seinem Abschied vom VfB Stuttgart änderte das nichts mehr. Schon vor Monaten beschloss der Niederländer laut VfB, den sportlich lange kriselnden Verein nach der Saison zu verlassen.

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Nun geht er schon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres als gefeierter Trainer. „Schalke hatte mit ihm einen Jahrhunderttrainer, vielleicht hat der VfB Stuttgart jetzt ja einen Jahrhundertretter“, sagte Sportvorstand Robin Dutt am Sonntag in der Sport1-Sendung „Doppelpass“.

Trotz des gesicherten Klassenverbleibs wird Stevens seinen am 30. Juni auslaufenden Vertrag nicht verlängern. „Er hat gestern Abend der Mannschaft gesagt, dass er seine Mission hier als erfüllt sieht, sie als erledigt sieht“, erklärte Dutt. „Huub hat uns nicht nur in der Gegenwart geholfen, sondern auch für die Zukunft.“ Ihm selbst habe er bereits im März mitgeteilt, dass er „einen Plan B“ vorbereiten solle.

Den Nachfolger für den 61-Jährigen nannte Dutt noch nicht. Alexander Zorniger, gebürtiger Schwabe und früherer Trainer des Zweitligisten RB Leipzig, soll jedoch für den Einstieg bereitstehen. „Wir haben einen Plan B festgezurrt“, erklärte Dutt nur. Die weiteren Fakten werde der Club in einer Pressekonferenz am Montag nennen.

Stevens hatte die Stuttgarter Ende November nach dem zwölften Spieltag vom glücklosen Armin Veh übernommen und nach einem monatelangen Abstiegskampf durch das 2:1 am letzten Spieltag bei Absteiger SC Paderborn zum Ziel geführt. Er soll dafür laut Medienberichten eine Nichtabstiegsprämie von einer Million Euro kassieren. 2014 hatte er den fünfmaligen deutschen Meister schon einmal vor dem Absturz in die 2. Liga bewahrt.

An Lob für Stevens mangelte es auch jetzt nicht. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann pries seine „tolle Arbeit“, Vereinschef Bernd Wahler, dem er mit dem Nichtabstieg den 57. Geburtstag am Sonntag versüßte, nannte ihn einen „Wahnsinnstyp“. Dutt attestierte ihm einen „riesigen Job“, und Kapitän Christian Gentner zollte dem Coach Respekt, „hundert Prozent VfB reingelegt“ zu haben.

Nach dem Spiel in Paderborn hatte sich Dutt noch geweigert, Auskunft über die Trainerfrage zu geben. „Wir wollen erstmal die Aktualität genießen und ein Glas Rotwein trinken“, sagte er. Stevens reagierte wie so oft bärbeißig auf das Thema. Seine Geschichte könne er dann im Urlaub auf Mallorca erzählen, meinte er erneut, zog aber schon mal ein Fazit: „Diese Zeit war nicht einfach, aber es hat Spaß gemacht.“

Dass es im deutschen Fußball-Oberhaus für die Schwaben 40 Jahre nach dem letzten Abstieg weitergeht, verdankt der VfB auch Stürmer Daniel Ginczek, der das 2:1-Siegtor (72. Minute) erzielte. „Ich war so froh, dass der Ball im Netz gezappelt hat. Wir haben ein sehr, sehr großes Ziel erreicht“, stellte Ginczek fest. Dabei begann die Partie mit dem frühen 0:1 des Paderborners Marc Vucinovic (4.) denkbar ungünstig. Daniel Didavi (36.) glich den Rückstand aber vor der Pause aus. „Es sind Tonnen Ballast abgefallen. Ein brutal schwieriges Jahr ist nun vorbei“, meinte VfB-Torwart Sven Ulreich und feierte mit den Fans.

„Unsere Ruhe und unser Zusammenhalt waren ausschlaggebend, deswegen haben wir uns die Liga auch verdient“, befand Dutt. Bei der anschließenden Feier in einem italienischen Restaurant in Stuttgart ließen die Spieler dann auch Stevens („Ich bin kein Feierbiest“) hochleben. „Ich glaube, der Knurrer aus Kerkrade wird heute gezähmt werden. Wir werden Spaß haben“, sagte Torschütze Ginczek.

Als Stevens nach dem 12. Spieltag seine Arbeit aufnahm, war der VfB Stuttgart Tabellenletzter. Nur dreimal stand er in den verbleibenden 22 Partien nicht auf einem direkten Abstiegs- oder dem Relegationsplatz - einmal davon als Tabellen-14. am letzten Spieltag. Damit es nicht wieder zu so einer Horrorsaison kommt, will die Vereinsführung nun einiges verändern. Es könne nicht der Anspruch des VfB sein, bis zum Ende einer Saison zittern zu müssen, betonte Dutt.

Neben der Trainerfrage wird er auch den Umbau des Kaders angehen müssen. Das Management hat vor, die Zusammenarbeit mit bis zu zehn Profis aus der zweiten Reihe zu beenden. Dazu sollen auch Großverdiener wie Vedad Ibisevic oder dessen zwischenzeitlich lange verletzter Stürmerkollege Mohammed Abdellaoue gehören.