Bayer Leverkusen Trainingsauftakt: Alles dreht sich um Kramer
Beim Trainingsauftakt sammelt der ehemalige Gladbacher Sympathiepunkte. Trainer Schmidt hat viel mit ihm vor.
Leverkusen. Natürlich geht er als Letzter vom Platz. Interviews, Autogramme, die zugunsten von Selfies mit dem Star dann doch deutlich an Beliebtheit verloren haben. Und dann musste Christoph Kramer auch noch sein vollkommen durchnässtes Trainingsleibchen abgeben. Ein Fan bat darum. „Ich weiß jetzt nicht, ob ich das überhaupt darf“, sagte Kramer nach einer 100-minütigen intensiven ersten Einheit kurz grinsend — und verschenkte es dann doch.
Keine Frage: Als Bayer 04 Leverkusen am Freitag als letzter aller Westvereine in der Bundesliga die Vorbereitung begann, war Christoph Kramer der Star. Der Weltmeister, in Leverkusen fußballerisch groß aber erst in Bochum und Gladbach per Leihe erwachsen geworden, bringt Strahlkraft auf das Gelände um die BayArena. Kramer spielt von nun an eine wichtige Rolle im Leverkusener Team, das mit Gonzalo Castro (nach Dortmund), Simon Rolfes (Karriereende) und Stefan Reinartz (nach Frankfurt) bis auf den verbliebenen Lars Bender seine gesamte Zentrale verloren hat.
Roger Schmidt formulierte dann auch gleich die Anforderungen an Kramer, der am Rand von Düsseldorf ein neues Zuhause gefunden hat: „Ich erwarte, dass er hier Freude hat und sich mit Mannschaft und Verein identifiziert. Er wird eine zentrale Rolle im Mittelfeld spielen“, sagte Schmidt, der von nun an „jede Trainingseinheit intensiv nutzen“ will, um das kraftraubende, ballorientierte Überfall-System weiter zu verfeinern. „Wenn wir nur zwei Wochen etwas anderes trainieren würden, wären alle Abläufe vergessen. Die Mannschaft muss synchron funktionieren“, sagte Schmidt.
Kramer stellte schon am Freitag fest, dass sich das Leverkusener System elementar von jenem aus Gladbacher Zeiten unter Lucien Favre unterscheidet. „Ich mag dieses geplante Chaos, hier sind viele gute Typen“, sagte der 24-Jährige und sammelte augenzwinkernd gleich noch einmal Sympathiepunkte: „Der Trainingsrasen ist besser als der in Gladbach.“ Kramer war aber nicht der einzige Neue: Auch Stürmer Admir Mehmedi (kam vom SC Freiburg), der sich mit Freiburg „ungeheuer verbunden“ gefühlt hatte und nach dem Abstieg „einen sehr emotionalen Abschied“ erlebt hat, und auch Innenverteidiger Andre Ramalho (von RB Salzburg) unterhielten rund 300 Zuschauer.
Mehmedi hat Schmidt als „einen von zwei Stürmern“ vorgesehen. „Zentral“, sagte der Sechs-Millionen-Einkauf, fühle er sich am wohlsten. Klar ist aber seit Freitag auch, dass Mehmedi neben Stefan Kießling in dieser zentralen Rolle wohl noch einen weiteren Konkurrenten bekommen wird. Man plane noch Verstärkung in allen drei Mannschaftsteilen, sagte Schmidt und hob in der Offensive auf eine „Sturmspitze“ ab. Spieler, die wirbeln und und aus der Tiefe spielen können, hat Bayer 04 auch wahrlich genug. Ausgemachtes Problem war in der vergangenen Spielzeit die Chancenverwertung.
Das Ergebnis der Saison-Analyse: „Wir haben uns für unser Erarbeitetes zu wenig belohnt“, so Schmidt. Die Kandidaten sind ausgemacht: Um HSV-Innenverteidiger Jonathan Tah, der ab dem 6. Juli die U 19-WM spielen wird und zuletzt an Fortuna Düsseldorf ausgeliehen war, wird es noch einen finanziellen Poker geben. Im defensiven Mittelfeld ist der Chilene Charles Aranguiz Wunschspieler, an dem 26-Jährigen des SC Internacional in Brasilien sind aber auch andere Vereine dran.
Nur für die Position im Sturm sind Kandidaten noch rar. Und einige der Leistungsträger waren Freitag auch noch gar nicht dabei: Julian Brandt, Heung-Min Son und Hakan Calhanoglu, deren Urlaub nach Länderspielen verlängert wurde, steigen erst am Donnerstag ein, Torwart Bernd Leno wird erst ins Trainingslager nachreisen, das vom 16. Bis zum 25. Juli in Zell am See steigt. Mit Kramer und dessen neuem Trainingstrikot.