Trotz 1:2: Tuchel dankbar für sechs Monate mit dem BVB
Köln (dpa) - Die Geschichte seines ersten halben Jahres bei Borussia Dortmund ist für Thomas Tuchel auch eine der Dankbarkeit. Das, was der Klopp-Nachfolger nach dem 1:2 in Köln von sich gab, war ein klares Bekenntnis: Der 42 Jahre alte Fußball-Lehrer ist mit Leib und Seele ein Schwarzgelber.
Tuchel registrierte trotz des Acht-Punkte-Abstands auf Herbstmeister Bayern München „Offenheit, Vorfreude und Lust“ auf dem Weg, den sein Team eingeschlagen hat.
Es ist ein sehr erfreulicher. Und deshalb gab es im Anschluss an die dritte Bundesliganiederlage 2015/16 auch kaum ein Wort der Kritik Tuchels. Stattdessen hielt er anerkennend fest, froh zu sein, „wie sich die Mannschaft Tag für Tag entwickelt. Die guten Ergebnisse sind das Resultat einer besonderen Haltung.“ Tuchel: „Sie sorgen dafür, dass wir zu einer Gewinner-Mannschaft werden.“
Kein Zweifel: Nach der Spielzeit 2014/15, als der BVB mit Jürgen Klopp nach 17 Durchgängen Vorletzter war, ist die Borussia wieder die zweite Kraft. Das belegen auch Zahlen des Jahres 2015: Nur die Bayern waren mit 80 Zählern - 34 in der Rückrunde der Vorsaison, 46 aktuell - besser als die Westfalen (69 - 31/38).
„Aber wir sind noch dabei, uns kennenzulernen“, sagte Tuchel nach den späten Gegentoren von Simon Zoller (82. Minute) und Anthony Modeste (90.). Und: „Niederlagen in Köln gehören dazu, um zusammenzuwachsen.“ Abwehrmann Sven Bender war nach der 30. Pflichtpartie dieser Saison nicht so freudig gestimmt, als er festhielt, das 1:2 sei „sehr, sehr dumm. Komplett unsere eigene Schuld, dass wir hier noch verlieren.“
Das Team hätte, so Bender, „die Vorrunde total krönen können“. Doch damit wurde es nichts, weil der FC in der dramatischen Schlussphase vor 50 000 Zuschauern das 0:1 von Sokratis (18.) egalisierte und dann durch den Franzosen Modeste, der erstmals seit dem 4. Oktober wieder einen Treffer erzielte, den BVB-K.o. perfekt machte.
Tuchel erklärte es für „unverzichtbar, dass so etwas passiert“. Denn er weiß: Offensiv ist der BVB, auch dank der 18 Treffer von Pierre-Emerick Aubameyang, wieder top: Mit 47 Toren hat die Borussia die Gesamtbilanz der vorigen Spielzeit diesmal bereits nach 17 Partien erreicht.
Eines ist Tuchel gleichfalls bewusst: 23 Gegentreffer sind zu viel. Dennoch stellte BVB-Profi Matthias Ginter eines klar: „Mit ein bisschen Abstand können wir auf eine sehr, sehr gute Hinrunde blicken. Wir haben wahnsinnig kompakt und konstant gespielt.“ Nun soll regeneriert werden. Tuchel: „Jetzt haben wir es erst einmal alle verdient, in den Urlaub zu gehen. Auch ich.“
Die Kölner hüpften im Tribünen-Lichtermeer der abgedunkelten Arena vor Freude wie kleine Kinder. Der erste Heimsieg seit dem fünften Spieltag machte Emotionen frei. Zoller hielt es für „überragend“. Doch auch er konnte nicht erklären, warum der FC nach Erfolgen über Mönchengladbach (1:0), in Schalke (3:0) und Leverkusen (2:1) auch das vierte Derby für sich entschied, gegen schwächere Konkurrenten aber zu wenig Konstanz und Offensivqualitäten zeigt.
Trainer Peter Stöger wusste zu erläutern, warum sein Team nicht häufiger das abruft, was es kann. „Wir sind in der Lage, immer wieder, wenn vieles funktioniert, gegen sehr gute Mannschaften zu punkten.“ Die weniger erfreulichen Auftritte sind für ihn „eine ganz normale Situation“. Schließlich, das musste Stöger einfach loswerden, spiele der FC erst im zweiten Jahr wieder in der Eliteklasse.