Trotz Thurk-Theater: Premierenfieber in Augsburg
Augsburg (dpa) - Alles Thurk - oder was? Die Ausbootung des Fan-Lieblings hat beim FC Augsburg die Vorfreude auf die Premiere in der Fußball-Bundesliga in ein riskantes Reizklima verwandelt.
Um die größte anzunehmende Unruhe beim 51. Club in Deutschlands höchster Spielklasse unter Kontrolle zu halten, ist im Spiel eins ohne den Top-Torjäger der vergangenen Zweitligajahre ein Heimsieg am Samstag gegen den SC Freiburg wohl das einzige probate Mittel.
Die unpopuläre Entscheidung ist gefallen - und die FCA-Macher verteidigen sie konsequent. „Ich werde den Fußballer Michael Thurk vermissen. Aber die Trennungsentscheidung, die ich mit getroffen habe, war notwendig und richtig“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Walther Seinsch. Der 69-Jährige, der den Verein von Fußball-Größen wie Helmut Haller und Bernd Schuster vor zehn Jahren vor der Insolvenz bewahrte, will sich den historischen 6. August 2011 auch nicht vermiesen lassen. „Mir ist alles zu negativ. Wir werden unser erstes Spiel in der Ersten Liga alle genießen und feiern.“
Auch Trainer Jos Luhukay, für viele Anhänger der Buhmann, warb um die Unterstützung der 31 500 Zuschauer in der ausverkauften Arena. „Die Freude nach dem Aufstieg war großartig, daher hoffen wir, dass diese Freude durch eine schwere Entscheidung nicht getrübt wird und wir gemeinsam mit unseren Fans einen erfolgreichen Start in die Saison feiern können“, sagte der 48 Jahre alte Holländer.
Luhukay weiß, dass gerade er zur Legitimation des sportlichen Verzichts auf den im neuen 4-2-3-1-System angeblich überflüssigen Offensivspieler Thurk einen Auftakterfolg benötigt. Darum betonte er: „Wir haben auch in der vergangenen Saison schon einige Male ohne Michael Thurk gespielt und waren da erfolgreich.“ Luhukay hofft, dass sein Aufstiegsteam gegen Freiburg „explodieren“ wird, dass das Abenteuer Bundesliga positiv beginnt: „Es wird auch Tiefs geben, doch wir können die Bundesliga halten, diese Aufgabe ist lösbar.“
Augsburg hat einen Fünfjahresplan. Bis 2016 will der Club aus Bayerns drittgrößter Stadt ein „fester Bestandteil der Bundesliga“ werden, wie Seinsch verkündete. Der Verbleib im Oberhaus muss mit einem 30-Millionen-Euro-Sparetat gelingen. „Wir sind definitiv Letzter der Etat-Tabelle. Mittelfristig ist man damit auch Letzter der Punkte-Tabelle. Aber nicht zwingend ist man das auch kurzfristig“, erklärte Manager Andreas Rettig.
Für Luhukay heißt die Losung Teamgeist und Kollektiv - auch dafür erschien ihm Thurk ungeeignet. „Es kommt darauf an, dass wir uns schnell an die neue Liga gewöhnen“, betonte Luhukay. Für großartige Verstärkungen war kein Geld da; Lorenzo Davids, Neffe des berühmten Holländers Edgar Davids, ist im Mittelfeld der namhafteste Neue.
17 500 verkaufte Dauerkarten, ein Ausverkauf bei den 52 Logen und tausende neue Mitglieder sind Beleg für die entfachte Euphorie nach dem Aufstieg. Auch Thurk will am Samstag auf der Tribüne sitzen, „seine Karte, seinen Platz“ erhalte der verbannte Großverdiener natürlich, berichtete Rettig. Man sei ja nicht „kleinkariert“.
„Es war ein langer und schwerer Weg bis in die Bundesliga“, sagte Luhukay. Es soll gegen Freiburg, das im Gegensatz zum blamablen Pokal-Aus beim Drittligisten Unterhaching wieder mit Torjäger Papiss Demba Cissé antreten kann, nicht gleich der Rückweg Richtung 2. Liga eingeschlagen werden. Die verletzten Torsten Oehrl und Nando Rafael fallen anstelle von Thurk jedoch fürs Toreschießen aus.
Der „attraktive Offensivfußball“ der Vorsaison sei ohnehin kein Erfolgsrezept mehr, meinte der bundesligaerfahrene Torwart Simon Jentzsch: „Wenn wir dasselbe System wie in der Zweiten Liga spielen, ist die Hundert-Tore-Marke schnell erreicht - bei den Gegentreffern.“