Turbo-Bayern gehen gereizt in BVB-Kraftprobe

München (dpa) - Weniger Brisanz? Nix da! Auch wenn Borussia Dortmund bei elf Punkten Rückstand nur noch als Bayern-Jägerchen nach München kommt, dürfte es in der Allianz Arena trotz der angesagten Minusgrade hitzig zugehen.

Denn Uli Hoeneß und seine Bayern können ihre Turbo-Herbstmeisterschaft nur dann in vollen Zügen unter dem Weihnachtsbaum genießen, wenn die schwarz-gelbe Regentschaft im deutschen Fußball im direkten Kräftemessen beendet werden kann. „Das ist eine Partie wie ein großes Champions-League-Spiel“, sagte Kapitän Philipp Lahm. Trainer Jupp Heynckes erwartet ein „intensives Spiel“, in dem „kleine Details entscheidend sein werden“, wie er am Freitag sagte.

71 000 Zuschauer können hautnah dabei sein - in über 200 Ländern weltweit werden Live-Bilder ausgestrahlt. Und die Münchner wollen sich vom Erzrivalen nicht schon wieder „auf die Bretter schicken“ lassen, wie BVB-Chef Hans-Joachim Watzke in Erinnerung an die letzten Dortmunder K.o.-Hiebe angemerkt hatte. Tabelle hin oder her, „es geht darum zu zeigen, wer die Nummer 1 im deutschen Fußball ist“, erklärte Manuel Neuer, Bayerns Torwart mit Schalke-Vergangenheit.

Eigentlich ist diese Frage schon vor dem 15. Spieltag geklärt. Der Rekordmeister liegt fast uneinholbar weit vor dem Titelverteidiger. „Die Bayern sind das Maß aller Dinge. Die spielen ihre ganz eigene Saison“, bemerkte BVB-Coach Jürgen Klopp. Ob die Borussen den Titel-Hattrick schon abgeschrieben haben, „interessiert mich nicht“, bemerkte Lahm: „Die Dortmunder kommen aber sicherlich nicht nach München, um die drei Punkte einfach herzuschenken.“ Man dürfe nicht zu früh jubeln, warnte der Münchner Kapitän: „Wir können erst feiern, wenn wir am Ende der Saison auf dem Rathausbalkon stehen.“

Die schwarz-gelben Jubelfeiern, die vier Liga-Pleiten in Folge und das demütigende 2:5 im DFB-Pokalfinale - diese krachenden Watschn schmerzen die Münchner immer noch. Man habe genug auf den „Sack bekommen“, erklärte Thomas Müller: „Wenn dich einer mit fünf Pflichtspielniederlagen zur Weißglut reizt, wäre es schon eine Genugtuung zu gewinnen“, sagte der Nationalspieler. „Ich glaube, das Spiel ist sehr wichtig für beide Mannschaften - vielleicht noch mehr für uns“, sagte Franck Ribéry, einer der Schlüsselspieler.

70 Millionen Euro hatten die Bayern-Bosse im Sommer locker gemacht, um die Machtverhältnisse wieder zurechtzurücken. Seit Wochen sprechen Präsident Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vom „ganz großen Spiel gegen Dortmund“. Jetzt ist der Tag der ersehnten Abrechnung da. „Es kocht in Uli Hoeneß, es brodelt“, verriet der mit dem Präsidenten befreundete Ex-Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld in den „Ruhr Nachrichten“. Eine Extra-Siegprämie habe Hoeneß aber nicht ausgelobt, so Lahm: „Die Mannschaft ist topmotiviert.“

Die Dortmunder müssen unbedingt gewinnen, wenn sie die Bayern nicht nur noch mit dem Fernrohr in der Tabelle erkennen wollen. „Jeder Lauf hat einmal ein Ende“, erklärte Abwehrspieler Neven Subotic, der nach wie vor nicht an einen Bayern-Alleingang zum Titel glauben will. „Wir müssen nachholen, was wir gegen Düsseldorf liegengelassen haben“, erklärte auch Mats Hummels.

Der Nationalspieler mit Bayern-Vergangenheit dürfte im Gegensatz zum ärgerlichen 1:1 gegen die Fortuna ebenso wieder dabei sein wie Mario Götze, im November 2011 Schütze des Dortmunder 1:0-Siegtores in München. Wacklig ist der Einsatz von Ilkay Gündogan im Mittelfeld, Kapitän Sebastian Kehl reiste wegen einer Kapselentzündung im Knie erst gar nicht mit nach München. „Die Herausforderung ist groß“, urteilte Klopp, der aber auch an die eigene Stärke glaubt: „Wenn wir unsere absolute Qualität auf den Platz bringen, gibt es in der Bundesliga nicht viele Gegner, gegen die ich weniger gern spielen würde als gegen uns.“ Nur eines der letzten 21 Auswärtsspiele hat die Borussia verloren.

Heynckes schaut nicht so sehr auf Einzelkönner wie Reus, Götze oder Lewandowski: „Entscheidend ist, das hat Dortmund in den letzten zwei Jahren demonstriert, das Kollektiv.“ Das Geheimnis der aktuellen Bayern-Dominanz ist für Lahm ebenfalls ein Gemeinschaftswerk. „Was uns auszeichnet in dieser Saison, ist ganz klar, wie wir in der Defensive arbeiten. Wir haben in 14 Spielen nur fünf Gegentore bekommen. Das wird auch gegen Dortmund sehr wichtig sein.“

Der beim 2:0 in Freiburg geschonte Bastian Schweinsteiger wird zurückkehren. „Er ist ein ganz wichtiger Baustein in meinem System“, sagte Heynckes. Bis auf Arjen Robben und Luiz Gustavo hat Heynckes bei seinem Luxuskader die Qual der Wahl. Mario Gomez wird wohl als Joker auf der Bank sitzen. Das Stürmer-Duell zu Beginn heißt: Mario Mandzukic kontra Robert Lewandowski - mit jeweils neun Treffern führen sie die Bundesliga-Torschützenliste an.