Van Gaal muss gehen - Dramatik im Abstiegskampf
Düsseldorf (dpa) - Dieser 29. Bundesliga-Spieltag hatte es in sich: Die Bayern trennen sich von Louis van Gaal. Tabellenführer BVB rettet in letzter Sekunde einen Punkt, Schalke gewinnt das Duell gegen Felix Magaths „Wölfe“, und Schlusslicht Mönchengladbach schöpft neue Hoffnung.
Schluss, aus, vorbei: Das Gentleman's Agreement zwischen Louis van Gaal und den Bayern-Bossen ist Makulatur. Der Niederländer muss den deutschen Fußball-Rekordmeister sofort verlassen. Der Verlust von Platz drei und die Angst vor der Europa League nach dem 1:1 seines Münchner Starensembles beim 1. FC Nürnberg kosteten van Gaal den Job. Sein bisheriger Assistent Andries Jonker übernimmt, bis Jupp Heynckes mit Beginn der neuen Saison alles besser machen soll. Die Bilanz: Schon elf Cheftrainer wurden in der 48. Spielzeit beurlaubt oder entlassen. Noch-Leverkusen-Trainer Heynckes mochte sich am Sonntag nicht äußern.
Tabellenführer Dortmund rettete auf dem Weg zum siebten Titel in letzter Sekunde einen Punkt beim 1:1 in Hamburg, spürt aber mehr denn je den Atem von Verfolger Bayer Leverkusen. Das Team von Trainer Jupp Heynckes nutzte die Gunst der Stunde und kam zu einem hart erkämpften 2:1 (0:0) über den Vorletzten St. Pauli. Mit dem fünften Sieg in Serie verkürzte Bayer den Rückstand zum BVB von ehemals zwölf auf fünf Punkte.
Felix Magaths Rückkehr nach Schalke endete für den Coach des VfL Wolfsburg mit einem 0:1. Magaths „Wölfe“ stehen ebenso am Abgrund wie der VfB Stuttgart, der das „Kellerduell“ gegen Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern mit 2:4 verlor: Die Titelträger von 2009 (Wolfsburg) und 2007 (Stuttgart) steckenim Sog nach unten. Dagegen schöpft Schlusslicht Mönchengladbach nach dem 5:1 (3:0)-Kantersieg im Derby über Köln neue Hoffnung.
Es war nicht nur wegen van Gaals Zwangsdemission ein nervenaufreibender 29. Spieltag. Bayern-Star Arjen Robben sah in Nürnberg wegen Schiedsrichterbeleidigung auf dem Gang in die Kabine Rot. In Hannover, wo 96 das Europa-Ticket fest in der Hand hält, wurde Gäste-Verteidiger Nikolce Noveski beim 2:0 gegen Mainz 05 nach einer Notbremse des Feldes verwiesen. Wegen des gleichen Vergehens musste der Freiburger Pavel Krmas vorzeitig unter die Dusche.
Freiburg gewann trotz Unterzahl 3:2 gegen 1899 Hoffenheim, Mainz gelang dieses Kunststück nicht. „Elfmeter und Rot, das empfinde ich als Doppelstrafe“, klagte FSV-Schlussmann Heinz Müller. Manager Christian Heidel schimpfte über „eine blöde Regel“, und selbst Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer äußerte sich im ZDF kritisch. „Aber die Regel ist halt so“, sagte er zu seiner Verteidigung.
Magath und Bruno Labbadia gehen die Verteidigungsargumente langsam aus. Wolfsburg ist 2011 zweitschlechtester Erstligist, Labbadias Stuttgarter stehen nach der achten Heimniederlage ebenfalls mit dem Rücken zur Wand. Labbadia war ratlos: „Wir haben leichtfertig aus der Hand gegeben, was wir uns in den Vorwochen erarbeitet haben“, hielt er nach zuvor fünf nicht verlorenen Partien fest.
Das 5:1 des Tabellenletzten aus Mönchengladbach einen Tag später gegen den 1. FC Köln vergrößerte die Bedenken in Stuttgart und Wolfsburg. Denn die von vielen bereits abgeschriebene Borussia spielte phasenweise groß auf und liegt nach dem deutlichen Erfolg über das auswärtsschwächste Team der Liga wieder in Reichweite zum Relegationsplatz.
Ganz andere Ziele haben Dortmund und Hannover. BVB-Trainer Jürgen Klopp führte sich nach dem 1:1 beim HSV durch Jakub Blaszczykowski wie ein Derwisch auf, knutschte jeden, der ihm in die Quere kam. Die Spieler frohlockten: „Wir sind die geilste Mannschaft der Bundesliga“, meinte Kevin Großkreutz. Nuri Sahin nahm den Titel vorweg: „Uns kriegt in dieser Saison keiner mehr.“ Auch Hannovers Sergio Pinto war euphorisch: „Wir spielen nächste Saison europäisch!“
Von derartigen Höhenflügen sind der Neu-Frankfurter Christoph Daum und Werder-Dauerbrenner Thomas Schaaf weit entfernt. Im Anschluss an das 1:1 in einem emotionalen Abstiegsduell gab es ein heftiges Verbal-Scharmützel zwischen den Trainern. Auslöser war ein Schlag von Eintracht-Ersatzkapitän Maik Franz gegen Denni Avdic, Schaaf sah den Fairplay-Gedanken „mit Füßen getreten“. Daum konterte: „Solche Szenen gibt es ständig. Aber bei Franz wird immer gleich eine Hetzjagd daraus gemacht.“