VfB-Debakel: „Fünf vor zwölf“ im Abstiegskampf

Stuttgart (dpa) - Das letzte Stündlein hat noch nicht geschlagen, aber für den VfB Stuttgart tickt die Uhr unerbittlich. Nach dem deprimierenden 1:4 (1:2)-Debakel gegen den 1. FC Nürnberg ist es für den Tabellenvorletzten der Fußball-Bundesliga „fünf vor Zwölf“ im Abstiegskampf.

Manager Fredi Bobic konstatierte trotz dieses Eingeständnisses erstaunlich gefasst: „Das ist es doch schon die ganze Zeit.“ Bruno Labbadia sprach nach dem sportlichen Offenbarungseid von einer „sehr, sehr bitteren Niederlage“. Aber auch der VfB-Trainer zeigte nach dem nächsten schweren Rückschlag keinerlei Anzeichen von Nervosität oder gar Resignation.

Die beiden VfB-Verantwortlichen beschönigten nach der Klatsche zwar nicht die teilweise unerklärlichen, stümperhaften Schnitzer ihrer phasenweise orientierungslos wirkenden Schützlinge. Sie griffen aber auch nicht zur verbalen Keule, um die psychisch angeknacksten Profis angesichts der schweren Aufgaben gegen Benfica Lissabon (Europa League) und Bayer Leverkusen nicht völlig zu verunsichern.

„Der größte Fehler wäre, jetzt auf die Mannschaft einzuschlagen. Wir müssen Ruhe bewahren“, sagte Labbadia. „Wir werden klar ansprechen, was falsch gemacht wurde, aber wir müssen die Spieler auch aufrichten. Die Situation ist nicht einfach.“ Bobic forderte: „Wir müssen wieder aufstehen.“

Wie die darniederliegenden Schwaben das schaffen sollen, scheint angesichts der dilettantischen Defensivarbeit und der erschreckend harmlosen Offensive schleierhaft. Bei den ersten drei Gegentreffern durch Timmy Simons (11. Minute), die Stuttgarter Leihgabe Julian Schieber (28.) und Timothy Chandler (51.) leisteten Serdar Tasci & Co im Stil selbstloser Samariter Schützenhilfe. Labbadia sprach später von „richtig dummen Fehlern“ und dem frühen 0:2 als „Genickbruch“, Bobic von „einem absoluten Blackout“. Aber auch bei Mehmet Ekicis 4:1 (63.) standen die Stuttgarter nur staunend Spalier.

Die Hoffnung, nach Patrick Funks Anschlusstreffer zum 1:2 (45.+1) eine Aufholjagd wie vor Wochenfrist beim 3:2-Sieg in Mönchengladbach nach scheinbar aussichtslosem 0:2-Rückstand starten zu können, verpuffte schnell. Abgesehen von den ersten zehn Minuten waren die Franken den Schwaben spielerisch, kämpferisch und psychisch überlegen - und diese Dominanz wuchs im Verlauf der Partie.

„Wir haben den VfB nicht so schlecht erwartet“, sagte Chandler erstaunt. Teamkollege Javier Pinola meinte, dass der Kantersieg in erster Linie „unserem perfekten Spiel“ geschuldet gewesen sei. Auch Dieter Hecking hatte von seinen Schützlingen beim erst zweiten Auswärtserfolg „klasse Fußball“ gesehen und ging „mit der Leistung meiner Mannschaft hundertprozentig konform“. Der „Club“-Coach konstatierte erfreut: „Ich glaube, dass wir das Ziel Klassenerhalt mit dem Sieg heute erreicht haben.“

Der Klassenerhalt ist für die strauchelnden Stuttgarter wieder ein Stück weiter weggerückt - auch wenn einige Akteure den Ernst der Lage offensichtlich noch immer nicht begriffen haben. „Der Abstieg ist überhaupt kein Thema“, versicherte Cacau, blieb aber Argumente schuldig, worauf sein Optimismus gründet. Der von den frustrierten Fans wegen seiner Patzer gnadenlos ausgepfiffene Tasci tönte trotzig: „Ziel ist es, da unten rauszukommen - ob mit oder ohne Fans.“ Labbadia warnte indes: „Für die Spieler und das Umfeld ist es nicht einfach, gegen den Abstieg zu spielen. Sie sind das nicht gewohnt.“