Borussia Dortmund BVB-Anschlag: Ermittlungen in alle Richtungen - Sprengstoff-Rätsel
Woher stammen Zünder und Sprengstoff beim Anschlag von Dortmund? Wer hat die Rohrbomben gelegt? Die Ermittler haben etliche Spuren - die Hintergründe der Tat sind aber noch offen. Jetzt gibt es einige neue Details.
Dortmund/Berlin. Nach dem Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund ermitteln die Sicherheitsbehörden weiterhin in alle Richtungen. Das Pendel schlage bisher weder in Richtung Rechtsextremismus, Islamismus oder allgemeiner Kriminalität aus, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Sicherheitskreisen. Auch über die Herkunft des bei dem Rohrbombenanschlag mit zwei Verletzten verwendeten Sprengmittels gibt es demnach noch keine Klarheit. Es handele sich um einen hochprofessionellen Sprengstoff, der aus dem militärischen Bereich kommen könne. Dies müsse aber nicht so sein, hieß es.
Die „Welt am Sonntag“ hatte Ermittlerkreise mit den Worten zitiert, der Sprengstoff stamme eventuell aus Bundeswehrbeständen. Am Montag hieß es nun, klar sei nur, dass es sich um einen Sprengstoff gehandelt habe, der nicht leicht aus Silvesterknallern oder einfach zu beschaffenden Bestandteilen aus Baumärkten zusammengemischt werden könne. Genauere Erkenntnisse in diesem Zusammenhang erhoffen sich die Ermittler auch aus der akribischen Auswertung von Bodenproben.
Nach den dpa-Informationen ist ein Großteil der Metallstifte, die der oder die Täter in den Rohrbomben verwendeten, über den Mannschaftsbus hinweg geflogen. Wären die Sprengvorrichtungen in einer anderen Höhe in der Hecke neben der Straße montiert worden, wäre nach dieser Einschätzung eine tödliche Wirkung sowie ein wesentlich höherer Sachschaden nicht unwahrscheinlich gewesen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft waren die drei Sprengsätze mit Metallstiften bestückt - einer davon hatte sich in die Kopfstütze eines Bussitzes gebohrt. Die Sprengwirkung lag demnach bei mehr als 100 Metern.
Ein Ermittler der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „Pott“ des Bundeskriminalamtes sagte der „Bild am Sonntag“: „Wären die Splitterbomben nur eine knappe Sekunde früher gezündet worden, hätte der Bus eine regelrechte Breitseite bekommen. Es hätte dann bestimmt viele Schwerverletzte und möglicherweise auch Tote gegeben.“
Am vergangenen Dienstag waren drei Sprengsätze neben dem BVB-Bus explodiert. Fußballprofi Marc Bartra, der hinten rechts saß, sowie ein Polizist wurden teils schwer verletzt. Nach einer Operation wurde Bartra am Samstag aus dem Krankenhaus entlassen. Die Explosionen hatten die hinterste Scheibe auf der rechten Busseite zerstört.
Die Ermittler prüfen mehrere Bekennerschreiben, die Rätsel aufgeben. „Es gibt noch keine neuen Erkenntnisse“, hieß es am Montag bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Sicherheitskreisen zufolge gibt es auch nach wie vor Zweifel, dass eine am Donnerstagabend an den Berliner „Tagesspiegel“ geschickte angebliche Bekenner-Mail mit rechtsextremem Inhalt tatsächlich mit dem Anschlag in Dortmund zu tun hat. Für eine abschließende Bewertung sei es aber noch zu früh.
Direkt nach dem Anschlag waren am Tatort drei gleichlautende Bekennerschreiben mit islamistischen Bezügen entdeckt worden. Hier wird bezweifelt, dass diese Schreiben tatsächlich von Islamisten stammen. Ermittelt wird weiter auch in Richtung Rechtsextremisten, gewaltbereite Fußballfans und Allgemein-Kriminelle.
Die Polizei in Dortmund begleitete am Ostersamstag das erste Bundesliga-Heimspiel des BVB nach dem Anschlag mit deutlich stärkerer Präsenz und erhöhter Aufmerksamkeit. Die Beamten hatten sich nach eigenen Angaben für die Begegnung gegen Eintracht Frankfurt sowieso auf ein Risikospiel vorbereitet. Einsatzstärke und sichtbare Präsenz rund um das Stadion und die Anfahrtswege wurden aber noch einmal erhöht. Besondere Vorkommnisse habe es rund um das Stadion nicht gegeben, hieß es anschließend. dpa