Champions League: Der Tölpel und der einsame Weltfußballer
Chelsea feiert den Finaleinzug, ärgert sich über John Terry und tröstet Barcelonas Messi.
Barcelona. John Terry hatte die Rolle als tragische Figur schon angenommen, als er mit rötlicher Gesichtsfarbe den Rasen im Stadion Nou Camp verließ. Nach 38 Minuten im Champions-League-Halbfinale hatte er seinem Gegenspieler Alexis Sanchez das Knie ins Kreuz gerammt, fern des Balles und jeder Vernunft.
Als „hirntot“ verspottete ihn die englische Presse und erinnerte zur Multiplikation des Leids an den weinenden Tölpel Terry, der im Finale der Königsklasse 2008 den entscheidenden Elfmeter gegen Manchester United verschoss.
Das Thema schien durch, Terry, das Biest, dem Schafott ausgeliefert. Chelsea mit zehn Leuten gegen das übermächtige Barca? Kurz drauf schoss Iniesta das 2:0 für Barcelona.
Aber dieser wundersame Abend in Barcelona hatte keinen Sinn für abgeschmackte Geschichten ohne Wendungen. Am Ende eines historischen Halbfinals kämpfte Lionel Messi mit den Tränen, „la pulga“ (der Floh) war mit den Katalanen ausgeschieden.
Londons Ramirez hatte vor der Pause den Anschluss für Chelsea hergestellt, es war ein technisch feiner Heber, aber ein Tor, das die 95 845 in Nou Camp zuerst für eine Laune des Spiels hielten. Dem die Katalanen aber mit zunehmender Spielzeit immer nervöser hinterherliefen.
Messi sollte es jetzt richten, 63 Treffer hatte der Argentinier in dieser Saison erzielt, aber jetzt, wo es darauf ankam, gelang dem 24-Jährigen auch in seinem achten Spiel gegen Chelsea kein Tor. Sogar einen Elfmeter setzte er an die Latte, in der 82. Minute schoss er den Ball zudem an den Pfosten — und dann schoss Torres für Chelsea per Konter das 2:2 (90.).
„In diesem Jahr sollte es einfach nicht sein“, sagte Barca-Trainer Josep Guardiola. Der Trainer, der mit Barça 13 von 16 möglichen Titeln gewonnen hatte, ließ den Klub im Ungewissen, ob er seinen Vertrag verlängern wird.
„Ich werde in den nächsten Tagen mit dem Vereinschef sprechen und mich dann entscheiden“, kündigte Guardiola an, der unter dem Eindruck von zwei verlorenen Titeln innerhalb von vier Tagen steht. Auch die spanische Meisterschaft ist nach der 1:2-Heimniederlage gegen Real dahin.
John Terry hatte das alles nur noch verschämt in den Katakomben beobachten können, 73 Prozent Ballbesitz für Barcelona prallten ab am Steinzeitfußball der alten Männer aus West-London, den wie kein anderer eben jener Terry verkörpert. Kraftvoll, kämpferisch — aber limitiert. Chelsea-Torwart Petr Cech verriet die Basis für ein Halbfinale mit drei Toren aus nur vier Chancen: „Wir wollten nur überleben — und wir haben überlebt.“
Und Terry? Muss im Finale von München wie die gelbgesperrten Ramires, Branislav Ivanovic und Raul Meireles zuschauen. Aber niemand wird die letzten Aufrechten der „Blues“ noch unterschätzen. Keiner weiß das besser als Messi. dpa/kup