Ballack tragischer Held - Viel Lob für Leno
London (dpa) - Lange hielt es Michael Ballack beim Bankett nach dem verpatzten Champions-League-Comeback nicht aus. Es wäre die Krönung gewesen, wenn er bei seiner Rückkehr zum Ex-Club FC Chelsea in der 57. Minute das Tor gemacht hätte.
So verlor Bayer Leverkusen 0:2 beim englischen Starensemble.
„Die Chance geht mir immer noch durch den Kopf. Es war sicher mehr drin. Leider habe ich den Ball nicht rein gemacht“, ärgerte sich der 34-jährige Mittelfeldstar über die Schlüsselszene und eilte als erster davon. Statt nach vielen Nackenschlägen ein persönliches Erfolgserlebnis zu feiern, war der Ex-Nationalspieler einmal mehr ein tragischer Held. Gewinner war trotz der Niederlage Bayers 19-jähriger Leihkeeper Bernd Leno.
„Michael hat gut gespielt, eine tolle Leistung“, lobte Bayer-Trainer Robin Dutt den Routinier, der vier Jahre an der Stamford Bridge gespielt hatte und von den Chelsea-Fans noch immer verehrt wird. Der Coach merkte aber auch kritisch an: „Wenn man beim FC Chelsea schon mal eine Chance hat, muss man sie nutzen, wenn man etwas mitnehmen will.“ Zwölf Minuten nach Wiederbeginn war der frühere DFB-Kapitän freistehend an Keeper Petr Cech gescheitert. Dass 30 Sekunden nach der Auswechslung von Ballack Chelsea-Verteidiger David Luiz (67.) das 1:0 erzielte, passte zur Dramaturgie des Abends.
„Es ist nichts Schlimmes passiert. Wir waren lange mit Chelsea auf Augenhöhe und sind noch gut im Rennen“, befand Bayer-Sportdirektor Rudi Völler nach dem starken Auftritt der jungen Werkself, die in zwei Wochen den KRC Genk zu Gast hat, der dem FC Valencia ein 0:0 abtrotzte. „Es ist sehr schade, dass wir trotz einer guten Leistung verloren haben. Wir waren nahe dran, doch Chelsea war abgezockter“, sagte Nationalspieler André Schürrle. Stürmer Stefan Kießling nannte es fehlende „Kaltschnäuzigkeit“.
Diesen Vorwurf konnte man dem 19-jährigen Bayer-Torwart Bernd Leno nicht machen, der bis August noch in der 3. Liga spielte und auf der Fußball-Weltbühne nun Fernando Torres und Co. mit Glanzparaden das Leben schwer machte. „Ich bin stolz, doch der Frust überwiegt. Es ist nur ein 0:2. Das ist das einzige, was zählt“, sagte Leno, Leihgabe vom VfB Stuttgart und Vertreter des verletzten René Adler, nach der Niederlage, die Juan Manuel Mata in der Nachspielzeit besiegelte.
„Seine Ausstrahlung stand der von Petr Cech um nichts nach. Alle Achtung: Eine überragende Leistung“, urteilte Dutt und schickte die Botschaft in die Welt: „Wir haben eine Reihe von Spielern, von denen in den nächsten Jahren die Rede sein wird.“ Beeindruckt war auch Chelseas Weltklassekeeper mit dem Kopfschutz vom Torwart-Teenager. „Hervorragend“, sagte Cech über Nobody Leno.
„Es ist der Traum von Millionen von Fußballern. Ich lebe ihn gerade“, meinte Leno nach seinem großartigen Champions-League-Debüt. Dass er Ende Dezember nach Stuttgart zurückkehren soll, um in der zweiten Mannschaft in der 3. Liga gegen den 1. FC Heidenheim oder SV Sandhausen zu spielen, ist für ihn kein reizvoller Gedanke. „Das kann ich mir nicht vorstellen“, bekannte Leno. Er hätte nicht wirklich etwas dagegen, bei Bayer 04 zu bleiben. „Mit Leverkusen kann ich Champions League spielen, mit Stuttgart nicht“, sagte Leno.
„Die Vertragslage ist klar“, meinte Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Außerdem wolle man mit Nationaltorwart Adler, der im Oktober wieder fit sein soll, den Vertrag verlängern. Dennoch kann sich der Bayer-Chef auch ein weiteres Engagement Lenos gut vorstellen. „Mit beiden wären wir über Jahre gut aufgestellt“, so Holzhäuser. Ob der hochgelobte Leno seinem Konkurrenten Adler gleich nach dessen Genesung wieder weichen muss, hält der Geschäftsführer keineswegs für ausgemacht: „Es gibt da keinen Automatismus.“