Barça unter Schock: Milan sperrt Messi in den Käfig

Mailand (dpa) - Milan-Boss Silvio Berlusconi hatte für Lionel Messi Manndeckung vorgeschlagen, Trainer Massimiliano Allegri sperrte Barças Stürmerstar lieber gleich in einen Käfig. Die Taktik ging auf: Milan demontierte die harmlosen Katalanen und gewann 2:0.

Der Schock saß tief bei den Stars des FC Barcelona. „Sie haben uns eine Catenaccio-Lehrstunde erteilt“, sagte Nationalverteidiger Gerard Piqué nach dem bitteren 0:2 beim AC Mailand im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League und Andres Iniesta räumte ein: „Wir waren nicht frisch genug, haben keine Chancen erspielt und Mailand war gut organisiert. Das ist die Champions League.“

Dem großen Topfavoriten droht der K.o. im Achtelfinale, mit perfektem Catenaccio hat Milan Weltfußballer Lionel Messi ausgeschaltet und das ballverliebte „Tiqui-taca“ der Katalanen entzaubert. „Barças schlechtestes Spiel seit fünf Jahren“, schrieb die spanische Sporttageszeitung „Marca“. Die italienische Sportpresse bejubelte dagegen den Milan-Coup als „Himmlisch“, „Wunderbar“ oder „Einfach fantastisch“.

Aufgeben will sich Barça aber noch längst nicht. „Das Resultat ist schlecht. Aber ich bin überzeugt, dass wir vor eigenem Publikum den Einzug ins Viertelfinale schaffen werden“, sagte Barcelonas Assistenztrainer Jordi Roura, der den an Krebs erkrankten Tito Vilanova derzeit vertritt. Und auch Piqué glaubt an eine Wende: „Wir werden im Rückspiel den Spieß umdrehen“. Dann müssen die Ballkünstler aber ein Mittel gegen die Defensivtaktik des früheren Champions-League-Siegers finden. Denn Mailands Trainer Massimiliano Allegri hatte sich nicht an die Anweisung seines Bosses Silvio Berlusconi gehalten. Statt Superstar Messi in Manndeckung zu nehmen, sperrte er den Torjäger gleich in einen „Käfig“. Sobald der Argentinier an den Ball kam, war er schon von drei bis vier Gegenspielern umzingelt.

„Es gelang Messi nur selten, aus dem Käfig auszubrechen, und dann richtete er wenig Schaden an“, konstatierte die spanische Zeitung „El Periódico“. „Was nützen 805 Pässe, wenn man nie aufs Tor schießt“, spottete die „Gazzetta dello Sport“ und bejubelte Allegris taktisches Meisterstück. „Bravo Allegri - das war perfekt!“, gratulierte auch Milans Vize-Präsident Adriano Galliani dem Coach.

Der platzte fast vor Stolz über den ersten Mailänder Sieg nach neun Jahren gegen Barcelona. „Niemand hätte erwartet, dass mir mit zwei Toren Vorsprung nach Camp Nou fahren. Aber wir werden dort ein Tor machen müssen“, warnte Allegri vor verfrühtem Jubel. Im Rückspiel am 12. März erwartet auch Milans Deutsch-Italiener Riccardo Montolivo keinen Spaziergang: „Es wäre ein kolossaler Fehler zu glauben, dass das schon gelaufen ist“, meinte der Mittelfeldstar.

In der Tat ist Vorsicht geboten. Zwar ist Barça nach dem bisher einzigen 0:2 in einem Europacup-Hinspiel in der Saison 1989/90 im Pokalsieger-Wettbewerb beim RSC Anderlecht am Ende auch ausgeschieden. Aber: Die Katalanen brachten auch schon dreimal das Kunststück fertig, eine 0:3-Niederlage im Rückspiel wettzumachen.

Ob dies aber gegen Milan gelingen wird, ist fraglich, weil die Italiener nach ihrer Aufholjagd in der Liga und dem Hinspieltriumph nur so vor Selbstbewusstsein strotzen. Vor allem der ehemalige Bundesliga-Profi Kevin-Prince Boateng, der mit seinem Führungstreffer zum 1:0 in der 56. Minute zum Matchwinner wurde. Nach einem Freistoß des starken Montolivo prallte der Ball an den Unterarm von Cristian Zapata und von dort zu Boateng. Milans bester Mann auf dem Platz zog sofort ab.

Barcelona reklamierte zwar Handspiel, wollte dies nicht als Entschuldigung anführen: „Schiedsrichter können sich irren, das darf für uns keine Ausrede sein“, sagte Innenverteidiger Piqué. Statt sich nach dem Rückstand aufzubäumen, erging sich Barça weiter in Schönspielerei bis der Ghanaer Sulley Ali Muntari in der 81. Minute vor 80 000 Zuschauern Milans verdienten Sieg endgültig sicherte.