Champions League Bayer verspielt Sensation bei Barça

Barcelona (dpa) - Weltmeister Christoph Kramer formulierte es drastisch. „Da hast du 80 Minuten, in denen du froh bist. Dann hast du zehn Scheißminuten - und am Ende bleibt nur Scheiße“, haderte der Mittelfeldspieler von Bayer Leverkusen nach der verpassten Sensation beim FC Barcelona.

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„Hätten wir 1:0 gewonnen, wäre man für drei Tage der glücklichste Mensch der Welt gewesen. Denn nicht viele können behaupten, gegen Barcelona gewonnen zu haben“, sagte Kramer nach dem bitteren 1:2.

Der deutsche Fußballclub hat sich dreieinhalb Jahre nach dem 1:7-Desaster im Camp-Nou-Stadion nicht nur rehabilitiert, sondern auf der Champions-League-Bühne an Anerkennung und Reputation gewonnen. „Heute war es ein knappes Ergebnis, deshalb tut es heute mehr weh“, meinte Bayer-Torwart Bernd Leno, der damals schon zwischen den Pfosten stand. „Wir können schon stolz darauf sein, was wir abgeliefert haben. Es ist keine Schande, so verloren zu haben.“

Vorwerfen kann man den Bayer-Profis nicht, nach 80 Minuten durch die Verteidigung des 1:0 durch Kyriakos Papadopoulos (22.) am Ende der Kräfte gewesen zu sein, sondern weitere Großtorchancen wie die von Javier „Chicharito“ Hernández (50.) vergeben zu haben.

„Da konnte man ahnen, dass ein Tor zu wenig sein könnte, um zu gewinnen“, sagte Bayer-Trainer Roger Schmidt. Der Doppelschlag von Sergi Roberto (80.) und Luis Suàrez (82.) bestätigte es. „Es traurig, verloren zu haben, aber es ist wichtig, wie wir gespielt haben.“

Enttäuscht über die bittere Niederlage, aber begeistert von seiner Werkself war Rudi Völler. „Es war stark, dass wir an diesem sehr guten Tag, und den hatten wir, so lange mit dieser Weltklassemannschaft mithalten konnten“, sagte der Bayer-Sportchef. „Das Unglaubliche ist ja, dass wir nicht nur eine oder zwei Chancen hatten. Normalerweise ist nur Bayern München in der Lage, Barcelona so in Verlegenheit zu bringen.“

Lob für den exzellenten Auftritt zollte den Bayer-Profis der deutsche Barça-Torwart Marc-André ter Stegen. „Man muss Respekt davor haben, wie Leverkusen gespielt hat. Am Ende haben wir glücklich gewonnen.“ Der bei Barcelona in der Kritik stehende Ex-Gladbacher - 17 Gegentreffer in acht Spielen - machte beim 0:1 keine gute Figur, verhinderte aber wie beim Nahdistanzschuss von Karim Bellarabi (36.) mit Glanzparaden einen größeren Rückstand. „Nach seinem Fehler bei Bayers Führungstor hielt er den FC Barcelona mit zwei Paraden am Leben“, lautete der Kommentar von „El Periódico“.

Im Duell mit Bayer-Keeper Leno um einen Platz im Nationalteam konnte sich keiner einen entscheidenden Vorteil verschaffen. „Keine Ahnung, dass ist mir auch egal“, meinte der Leverkusener kühl. „Barca hat 2:1 gewonnen, ob es ein Duell gab oder nicht.“

Gute Kritiken bekamen die Leverkusener von den spanischen Gazetten. „Bayer machte Barça das Leben schwer“, schrieb „El Periódico“. Erleichtert titelte das Sportblatt „Mundo Deportivo“: „Bumm, bumm - Barça dreht in zwei Minuten ein Spiel, das es eigentlich schon verloren hatte.“ Ohne den verletzten Superstar Lionel Messi war der spanische Meister 80 Minuten nur halb so gut. „Barça überlebt den Ausfall von Messi“, urteilte „Sport“.

Für Leverkusen sind die Aussichten auf den Einzug in das Achtelfinale durch die Niederlage nicht gesunken. Vielmehr erhöhte das 3:2 von BATE Borissow gegen AS Rom die Chancen, Platz zwei in der Gruppe E zu erreichen. Bayer hatte die Weißrussen mit 4:1 besiegt. „Das ist kein schlechtes Ergebnis von Borissow, aber auch eine Warnung für uns vor dem Rückspiel, sie nicht zu unterschätzen“, meinte Leno. Nicht weniger wichtig sei es nun, am Sonntag gegen den FC Augsburg erfolgreich zu sein. „Das ist jetzt die Kunst, den Schalter wieder umzulegen von Barcelona auf Augsburg.“

Für Kapitän Lars Bender gibt das Spiel im Camp Nou nicht nur Mut und Zuversicht für die Zukunft, sondern es ist auch ein Zeichen für die Weiterentwicklung der Mannschaft. „Wir haben einen deutlichen Schritt gemacht und sind an den Aufgaben gewachsen, das sieht man“, meinte der Nationalspieler. „Wir sind eine ganz andere Mannschaft, die man ernst nehmen kann.“