Bayern ohne Angst ins Camp Nou - Guardiolas Heimkehr

Barcelona (dpa) - Pep Guardiola hatte feuchte Augen. Pep hier, Pep da, Pep überall - praktisch alles dreht sich in Barcelona um den charismatischen Starcoach.

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Bei seiner „wunderschönen Rückkehr“ ins Camp Nou genoss Guardiola mit einem Lächeln vor einigen hundert Reportern das Blitzlichtgewitter der Fotografen. 27 Stunden vor dem Anpfiff des Champions-League-Halbfinals des FC Bayern München beim FC Barcelona musste der Katalane aber auch schlucken. „Barcelona ist ein wichtiger Teil in meinem Leben. Barcelona war alles, aber ich bin hier um zu gewinnen“, erklärte Guardiola - bewegt und enorm fokussiert zugleich.

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„Ich bin hier nicht als Hommage, sondern ich bin hier, um meine Arbeit zu machen, mit Bayern München das Finale zu erreichen“, betonte Guardiola im überfüllten Presseraum des Camp-Nou-Stadions, in dem es für ihn sogar vereinzelten Beifall von Journalisten gab.

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Das große Hinspielduell zwischen der Angriffsmaschine des FC Barcelona und den verletzungsgeplagten Bayern wird am Mittwoch (20.45 Uhr/Sky und ZDF) zu einer Fußball-Kraftprobe mit speziellen Emotionen für Guardiola. An Beistand wird es dem Heimkehrer nicht fehlen: Ehefrau Cristina Serra und die drei gemeinsamen Kinder reisten mit in die katalanische Metropole.

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Guardiola muss seine eigene Geschichte besiegen, jenen Club, der sein Leben als Spieler und Trainer prägte, den er aus dem Effeff kennt. Er tritt gegen Luis Enrique an, seinen früheren Teamkollegen, den Mann, der eine neue Barça-Ära als Trainer prägen will. Ja, Guardiola soll die Fans leiden lassen, die ihn immer noch verehren, für 14 Titelgewinne unter ihm zwischen 2008 und 2012.

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Kann er seine große Liebe besiegen, die „momentan Besten der Welt“, wie Guardiola selbst das Team um Weltstar Lionel Messi und den deutschen Torhüter Marc-André ter Stegen rühmte? „Ich habe mich nicht einen einzigen Moment ablenken lassen“, versicherte er und rühmte seinen langjährigen Superstar. „Messi ist nicht zu stoppen. Es gibt kein Defensivsystem, das ihn stoppen kann. Er ist einfach zu gut.“

Die Anspannung ist auf beiden Seiten erdrückend groß. Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge verzichtete entgegen der sonstigen Gepflogenheiten auf seine übliche Ansprache vor dem Abflug. Zuversicht mussten andere verbreiten. „Wir wollen uns nicht hinten reinstellen. Wir wollen zeigen, wer wir sind“, tönte Torhüter Manuel Neuer. „Wir glauben an uns“, verkündete auch Weltmeister Thomas Müller.

Nach dem 25. Meistertitel und dem verpassten Einzug ins DFB-Pokalendspiel ist das Königsklassen-Finale am 6. Juni in Berlin das letzte große Saisonziel des deutschen Rekordchampions. „Die Chancen stehen nach wie vor 50:50“, sagte Präsident Karl Hopfner ungeachtet der Personalprobleme des FC Bayern. Robben, Ribéry, Alaba, Badstuber, Rode - die Ausfallliste ist lang und prominent. „Wir hätten gerne alle dabei gehabt, aber das ist kein Vorwand“, erklärte der frühere Real-Madrid-Star Xabi Alonso, der schon fast zwei Dutzend Male gegen Barcelona spielte.

Das größte personelle Fragezeichen wird sich wohl erst kurz vor dem Anpfiff auflösen: Wird Robert Lewandowski nach seinen Brüchen im Gesicht tatsächlich mit einer schützenden Spezialmaske auflaufen? Der Pole gab sich betont furchtlos. „Alles okay“, versicherte er. Wenn auch der Arzt grünes Licht gibt, müsste als letzte Instanz Guardiola abwägen, ob er das Risiko mit Lewandowski eingehen soll. Oder ob er Müller in die Spitze beordert, einem gesunden Mario Götze das Vertrauen in einem großen Spiel gibt, das Mittelfeld verdichtet mit Alonso, Schweinsteiger, Lahm und dem Ex-Barça-Profi Thiago.

„Wenn Robert fit ist, wird er spielen“, erklärte Guardiola. Ausführlich will er sich aber mit Lewandowski darüber unterhalten, wie das Gefühl unter der schwarzen Maske ist. „Du kannst nicht ins Spiel gehen und sagen, wenn die Situation kommt, dann muss ich ein bisschen aufpassen“, beschrieb Weltmeister Jérôme Boateng die verzwickte Situation für Lewandowski. Harte Zweikämpfe im Strafraum konnten im Training nicht simuliert werden, im Wettkampf sind sie programmiert.

„Ich denke, wenn ein Robert Lewandowski auf dem Platz steht, wird er auch hundert Prozent Einsatz zeigen“, meinte Neuer. Er will sich nicht speziell auf das katalanische Sturmwunder vorbereiten. „Bei so wichtigen Spielen ist es nicht üblich, dass man sein Programm verändert, die Automatismen bleiben gleich. Auch für mich als Torwart.“ Immerhin: Gegen Neuer hat der viermalige Weltfußballer Messi noch nie getroffen; auch nicht im WM-Finale.

Joachim Löw freut sich ebenfalls auf ein Champions-League-Fest „auf Augenhöhe“ und „zwei fantastische Fußballmannschaften“, wie der Bundestrainer der „Bild“-Zeitung sagte. Weltmeisterliche Power wollen die Bayern Barcelonas Wundersturm mit Messi, Neymar und Luis Suárez entgegensetzen, der in dieser Saison bislang 108 Tore erzielte.

Fünf Siege, zwei Unentschieden, eine Niederlage - die Statistik gegen Barça könnte den Bayern Mut machen. Erst zwei Jahre ist es her, dass die späteren Triple-Bayern unter Jupp Heynckes das filigrane Gebilde in seinen Grundfesten erschütterte, als sie ebenfalls im Halbfinale mit 4:0 in München und 3:0 in Barcelona siegten. „Das war nicht schön, wie wir damals verloren haben. Aber dieses Spiel wird anders“, erklärte Messi am Dienstag selbstbewusst. Das 0:3 war die einzige Niederlage, die Barça in den vergangenen 32 Heimspielen in der Königsklasse hinnehmen musste (bei 25 Siegen).

„Es war ein super Erlebnis, wir haben damals brillant gespielt und die ganze Fußball-Welt zum Staunen gebracht“, schwärmte Müller rückblickend von den Gala-Nächten 2013. Vieles bei der Neuauflage der Königsklassen-Giganten aber ist anders: Den Bayern fehlen diesmal Trümpfe wie Robben und Ribéry. Dafür ist Messi diesmal fit und in Bestform, Barcelona demnach Favorit. Na und? „Wir sind der FC Bayern. Wir werden uns nicht verstecken“, versprach Weltmeister Müller.