Chef gesucht: Schweinsteiger-Ausfall „tut weh“
München (dpa) - Den Sieg gegen Neapel mussten die Bayern mit dem Ausfall von Chef Schweinsteiger bis zum Jahresende teuer bezahlen. Trainer Heynckes muss rasch eine Lösung finden - womöglich lautet sie Toni Kroos.
Bloß „nicht lamentieren“ jetzt. Bevor Bastian Schweinsteiger um 2.00 Uhr nachts in den Operationssaal geschoben wurde, hatte Karl-Heinz Rummenigge dem noch geschockten Bayern-Team bereits das Rezept bis zum Jahresende verordnet. „Die Verletzung von Bastian tut uns weh. Aber damit müssen wir fertig werden. Jetzt liegt es an den anderen, dies zu kompensieren“, erklärte der Vorstandsboss. Leichter gesagt als getan, meinte Fußball-Nationalspieler Thomas Müller: „Eins zu eins kann man einen Bastian Schweinsteiger nicht ersetzen. Da müssen wir als Mannschaft eine Lösung finden.“
Beim am Ende wackligen 3:2 (3:1)-Sieg gegen den SSC Neapel gelang das mitten in der Partie auf Knopfdruck nicht. „Nach einer der besten ersten Halbzeiten, die ich beim FC Bayern miterlebt habe“ (Kapitän Philipp Lahm) und einem lupenreinen Hattrick von Mario Gomez (17./23./42. Minute) hätte Neapel nach den Kopfballtoren von Federico Fernandez (45./79.) die Münchner Freude über den Meilenstein Richtung Champions-League-Achtelfinale fast noch zusätzlich getrübt. „Als Bastian ausgewechselt wurde, gab es einen Bruch im Spiel“, sagte Trainer Jupp Heynckes zur Schlüsselszene kurz nach der Pause.
Schweinsteiger war im Luftkampf mit Napoli-Akteur Gökhan Inler zusammengeprallt, das Schlüsselbein brach nahe der rechten Schulter. Nur vier Stunden später setzte ihm Professor Andreas Imhoff eine Platte an der glatten Bruchstelle ein. Schweinsteiger muss bis Freitag in der Klinik Rechts der Isar bleiben. Danach folgen zwei Wochen absolute Ruhe, ehe die Reha beginnen kann. In sechs Wochen soll der 27-Jährige ins Mannschaftstraining zurückkehren. „Die Vorrunde ist auf jeden Fall gelaufen“, berichtete Bayern Münchens Mediendirektor Markus Hörwick.
Die Aufgaben in Champions League, Bundesliga und DFB-Pokal müssen die Bayern damit bis zum Jahresende ohne ihr Schwungrad für Offensive und Defensive lösen. „Man hat's der Mannschaft angemerkt. Sie war ein bisschen geschockt, als Bastian am Boden lag“, berichtete Kapitän Lahm. „Jeder Spieler hat danach nach Halt gesucht“, erklärte Gomez - und gegen famos zurückkommende Neapolitaner keinen gefunden. „Wir hatten keine Lösungsmöglichkeiten im Spielaufbau mehr“, benannte Müller das Kardinalproblem. Die Statik war weg - auch defensiv.
Die ersten Trotzreaktionen kamen am Morgen danach. „Es hilft nichts, dass wir uns tagelang ärgern. Der Ausfall von Basti ist sehr bitter für uns. Aber wir wollen ein Spitzenteam sein, dann müssen wir weiter Punkte holen“, erklärte Gomez. Heynckes begann sofort mit der Chefsuche für die nächste Aufgabe am Sonntag beim FC Augsburg. „Wir haben es immer geschafft, Spieler zu ersetzen“, beruhigte er.
Naheliegend wäre ein Defensiv-Duo mit Luiz Gustavo und Anatoli Timoschtschuk. Oder Heynckes zieht Toni Kroos zurück und betraut den Techniker mit Schweinsteigers Chefrolle. Müller könnte auf die „10“ wechseln, Youngster David Alaba dafür den rechten Flügel besetzen. „Der Trainer wird das irgendwie kompensieren“, meinte Rummenigge: „Wir werden trotzdem aussichtsreich in die nächsten Spiele gehen.“
Ähnlich unverzichtbar wie Fixpunkt Schweinsteiger ist aktuell nur Tormaschine Gomez. „Weltklasse“, schwärmte Sportdirektor Christian Nerlinger nach der Treffer-Show des 26-Jährigen am Mittwoch. Mit 17 Toren überflügelte der Nationalstürmer Michael Ballack (16) als besten deutschen Schützen in der Königsklasse. „Mein Job ist es, viele Tore zu machen“, kommentierte Gomez bescheiden: „Was bleibt, sind Titel mit der Mannschaft - nicht die Tore.“
Auch vom Champions-League-Triumph im eigenen Stadion dürfen die Münchner weiter träumen. Selbst ohne Schweinsteiger sollte zumindest der Einzug ins Achtelfinale Formsache sein. „Wir haben zehn Punkte in einer Gruppe, die man als Horrorgruppe bezeichnet hat. Wir können total zufrieden sein“, erklärte Rummenigge stolz. In drei Wochen kann gegen das punktlose Schlusslicht FC Villarreal auch rechnerisch alles klar gemacht werden. Fehlen wird dann der gesperrte Holger Badstuber, der ebenso wie Neapels Juan Zuniga am Mittwochabend die Gelb-Rote Karte sah. Zum Abschluss könnte es für die Bayern am 7. Dezember bei Manchester City (7 Zähler) dann noch um den Gruppensieg gehen.
Als Erster würde man im neuen Jahr im Achtelfinale womöglich Größen wie Titelverteidiger FC Barcelona, Real Madrid, Manchester United oder Inter Mailand noch aus dem Weg gehen. Ganz egal, meinte Gomez zu derartigen Gedankenspielen: „In den K.o.-Spielen muss man eh jeden aus dem Weg räumen. Wir wollen schließlich ins Finale.“