CL: Schalke 04 - Königlich abserviert
Das 1:6 gegen Real Madrid zeigt, wie groß die Distanz zwischen der Spitze und dem Rest in der Königsklasse ist. Und es zeigt ein Schalker Problem.
Gelsenkirchen. Am Tag danach ließen sich nur die Ersatzspieler blicken. Während die Hauptakteure, die das 1:6-Debakel gegen Real Madrid hautnah erlebt und zu verantworten hatten, in der Abgeschiedenheit des Fitnessraums regenerierten, kam nur ein kleines Häufchen Spieler auf den Trainingsplatz in Gelsenkirchen. Die Demütigung im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League hatte Spuren hinterlassen. Auch bei den Verantwortlichen.
„Wir haben eine große Analyse gemacht. Es gab etwas Feuer“, berichtete Jens Keller. Der Trainer der Schalker sah so übernächtigt und niedergeschlagen aus wie Horst Heldt. „Wie soll man nach so einem Spiel schlafen?“, fragte der Manager rhetorisch. „Schlecht natürlich.“ Der Ruhrgebietsklub war in beängstigender Weise von dieser europäischen Spitzenmannschaft überrollt worden. Jeweils zweimal trafen Karim Benzema, Gareth Bale und „Weltfußballer“ Cristiano Ronaldo für die Spanier. Klaas Jan Huntelaar erzielte den einzigen Treffer für die Schalker.
„Es gab Gründe dafür, die ich aber nicht öffentlich besprechen möchte“, hatte Heldt noch am Abend gesagt. Was er meinte, war kaum zu übersehen. Die mannschaftliche Geschlossenheit fehlte, jeder Spieler versuchte, auf seine Weise zu überleben. Von Mannschaftsgeist und kollektiver Spielauffassung war nichts zu erkennen. Und auch die Cleverness, ein verlorenes Spiel erträglich über die Bühne zu bringen, ging allen ab. „Lassen Sie es mich so sagen: Man kann auf diesem Niveau nur erfolgreich sein, wenn alle zusammen ihre Aufgaben erfüllen“, sagte Heldt. „Ich hoffe, dass die Mannschaft daraus ihre Lehren zieht.“
Der Manager weiß sehr genau, wie fragil dieses Schalker Gebilde noch immer ist. Noch vor Wochen hatte bereits der geringste Gegenwind dafür gesorgt, dass die Spieler ihre Nerven verloren. Auch da war das Thema Teamgedanke bereits eines, das die Verantwortlichen umtrieb. Drei Siege und ein Remis in der Liga überdeckten die Probleme, die Real nun offen legte. Die aufkeimende Euphorie im Umfeld ist bereits wieder erstickt.
Selbst wenn die Kräfteverhältnisse in der Bundesliga und der europäischen Königsklasse sich in den vergangenen fünf Jahren verändert haben. Und Vereine wie Real Madrid, Paris St. Germain, der FC Barcelona oder der FC Bayern, die geradezu absurde Millionenbeträge in ihre Teams investieren, der Konkurrenz weit enteilt sind: „Mit mannschaftlicher Geschlossenheit kann man auch gegen mehr Geld erfolgreich sein“, sagte Keller.
Bereits am Samstag müssen die Schalker in München bei der derzeit wohl weltbesten Mannschaft antreten. „Wir werden da nicht hinfahren, um alles gleich aufzugeben“, sagte Heldt. Allerdings war dieses Statement mehr als Durchhalteparole zu verstehen. Es geht für die Schalker in München vor allem darum, nicht ein erneutes Debakel hinnehmen zu müssen. „Wir haben beim DFB einen Antrag gestellt, ob wir den Mannschaftsbus ins Tor stellen können“, sagte Keller gestern noch mit einer gehörigen Portion Galgenhumor. Zumindest das lässt sich als positives Zeichen deuten: Eine Spur Selbstironie ist noch vorhanden.