Das Ziel „Finale dahoam“ verleiht Bayern Flügel
München (dpa) - Bayern olé statt adios! Auch die Stars von Real Madrid bekamen die unwiderstehliche Gier der Münchner Fußballer auf das einmalige „Finale dahoam“ zu spüren.
Der Last-Minute-Treffer zum 2:1 (1:0) von Torgarant Mario Gomez lässt den deutschen Rekordmeister hoffnungsvoll auf die Herkulesaufgabe im Halbfinal-Rückspiel am kommenden Mittwoch im Bernabeu-Stadion blicken.
„Wir wollten 90 Minuten eine Schlacht liefern, das haben wir getan“, kommentierte Kapitän Philipp Lahm stolz wie ein Feldherr. Euphorisiert vom verdienten Glücksmoment am Ende eines rasanten Gigantengipfels, ist die Hoffnung auf das Endspiel im eigenen Stadion am 19. Mai größer denn je. „Das Finale ist nicht nur ein Traum - wir glauben dran“, verkündete Gomez, das lebende Sinnbild der Münchner Willensstärke. Keine Furcht vor großen Namen, keine Angst vor Reals Heimfestung Bernabeu. „Es wird nochmal ein heißer Tanz - aber wir freuen uns drauf“, posaunte Sportdirektor Christian Nerlinger.
Weil ausgerechnet Nationalspieler Mesut Özil (53. Minute) das 1:0 des großartig aufspielenden Franck Ribéry (17.) ausgleichen konnte, reist der FC Bayern mit einem „gefährlichen Ergebnis“ zum Rückspiel, mahnte Gomez. Aber der neunte Sieg im zehnten Heimspiel gegen die Königlichen machte Mut und gab viel Selbstvertrauen nach dem Titel-K.o. in der Bundesliga. „Wenn wir zu Null spielen, sind wir im Finale. Wenn wir gewinnen, sind wir im Finale. Wenn wir unentschieden spielen, sind wir im Finale - die Chancen sind nicht schlecht“, analysierte Gomez.
Real Madrid ist zu bezwingen - das war die Erkenntnis aus dem ersten „Spiel des Jahres“ für die Bayern. Und in der Champions League können Gomez & Co. mit dem großen Finalziel vor Augen Kräfte mobilisieren und Siege erzwingen, die national im Duell mit Borussia Dortmund nicht gelangen. „Das zeichnet meine Mannschaft aus, dass wir nie aufgeben, dass wir eine super Moral haben, dass man dann auch solch einen Sieg erzwingt“, lobte Trainer Jupp Heynckes seine Mannschaft.
„Finale dahoam“ - das über allem stehende Saison-Motto weckt die Leidenschaft, die Gier und den Hunger auf Erfolg, den der alte Fahrensmann Heynckes gefordert hatte, um tatsächlich in einem Monat im eigenen Stadion gegen Titelverteidiger FC Barcelona oder den FC Chelsea Europas Fußballthron erklimmen zu können. „Das Spiel in Madrid wird schwer - aber wir sind Bayern!“, tönte Ribéry - und er meinte die famosen Champions-League-Bayern.
Gleich nach dem Abpfiff des Hinspiels in der brodelnden Allianz Arena hatte Heynckes natürlich noch „nicht die Strategie, wie wir in Madrid spielen“. Aber der 66-Jährige wird eine Marschroute finden, mit der er Gegenspieler José Mourinho womöglich ausstechen kann. „Der FC Bayern wird seinem Stil treu bleiben und auch in Madrid nach vorne spielen“, kündigte Heynckes selbstbewusst an. „Es ist keine Schande, in München zu verlieren“, kommentierte derweil Mourinho. Das 1:2 sei „ein Ergebnis, dass von dir verlangt, dass du es zu Hause drehst“.
Schon zweimal reichte den Bayern im Europapokal ein Ein-Tor-Vorsprung beim Rückspiel in Spaniens Hauptstadt nicht zum Weiterkommen (1988, 2002). „Wir sehen uns wieder in München“, meinte Torschütze Özil beim Abschied aus der Allianz Arena siegessicher mit dem Blick auf den 19. Mai. „Zuhause sind wir einen Tick stärker. Ich bin überzeugt, dass wir weiterkommen“, sagte der Mittelfeld-Zauberer. 3:1 steht es allerdings in den bisherigen Halbfinalduellen für Bayern (1976, 1987, 2001) gegen den spanischen Rekordmeister (2000).
Wie die kollektiv zusammenarbeitenden Bayern die königliche Angriffsmaschine um den blassen Cristiano Ronaldo bis auf das „ärgerliche Gegentor“ (Neuer) lahmlegten, macht Hoffnung, auch „wenn im Bernabeu nochmal ein anderer Wind wehen wird“, wie Thomas Müller warnte. „Aber vorne sind wir immer für ein Tor gut“, betonte Gomez. Besonders er! Der mit letzter Willenskraft erzwungene Knie-Treffer war sein zwölfter im laufenden Wettbewerb. „Man hat den Willen gesehen, dass wir unbedingt ins Finale wollen“, sagte der Matchwinner nach einem auch körperlich maximalen Kräftemessen, bei dem einige Real-Profis, ungenügend bestraft vom englischen Schiedsrichter Howard Webb, die Grenze des Erlaubten - etwa beim Tritt von Marcelo in die Beine von Müller - auch mal überschritten.
Einen - womöglich entscheidenden - Vorteil haben die Bayern neben dem Adrenalinstoß der späten Siegtor-Belohnung. Heynckes kann am Samstag eine Reservistentruppe ins unwichtige Ligaspiel in Bremen schicken. Mourinho dagegen braucht im Kampf um die spanische Meisterschaft im „Clasico“ gegen Barcelona alle seine Stars. „Wir haben eine Woche Zeit zu regenerieren“, frohlockte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge: „Wir fahren nicht chancenlos nach Madrid.“