Di Matteo: Trainer-Nobody bei Chelsea auf Erfolgskurs

London (dpa) - Als Trainer-Nobody sitzt Roberto di Matteo auf dem berüchtigten Schleudersitz des FC Chelsea. Aber damit scheint der ruhige Italo-Schweizer wunderbar zurecht zu kommen:

Neun Siege aus zwölf Pflichtspielen, der mit einem 5:1 gegen Tottenham Hotspur perfekte gemachte Einzug ins FA-Cup-Endspiel und das anstehende Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona sprechen für sich.

Plötzlich scheint jene Saison noch zu retten, die bis vor sechs Wochen unter André Villas-Boas schon in Scherben lag. Geht die Erfolgsserie auch gegen den übermächtig wirkenden FC Barcelona (18./24. April) oder im FA-Cup-Finale gegen den FC Liverpool (5. Mai) weiter, drängt sich Chelseas Ex-Spieler, der bei den Fans ebenso beliebt ist wie bei der mächtigen Spielergarde, langsam als Dauerlösung für Club-Besitzer Roman Abramowitsch auf.

Das sei nicht seine Angelegenheit, antwortet di Matteo hartnäckig auf die Trainerfrage. „Ich gucke nicht zu weit nach vorne - und so habe ich das gehandhabt seit ich hier angefangen habe.“ Aber: Wieso nach Laurent Blanc und Chelsea-Ikone José Mourinho Ausschau halten, wenn die di Matteo-Lösung so naheliegt? Der 41-Jährige bewies bisher ein Händchen im Umgang mit den Profis, die ihn nicht etwa „Boss“, sondern „Robbie“ nennen. Dem ganzen Team und besonders Sorgenkindern wie dem zeitweise fünf Monate torlosen Stürmer-Star Fernando Torres vermittelt er wieder Vertrauen in die eigenen Stärke.

Der coole Taktiker Villas-Boas scheiterte auch an der mächtigsten Umkleidekabine der Welt, di Matteo akzeptiert die Kräfteverhältnisse bei den Blues. Chelseas früherer Verteidiger Marcel Desailly meint: „Als Ex-Spieler kann er sich in seinen Ansprachen deutlich ausdrücken. Das Zusammenwirken von Drogba, Lampard und Terry funktioniert nur dank di Matteo.“

Frank Lampard, der unter di Matteo schon ohne Murren auf der Ersatzbank Platz genommen hat, erklärt die Erfolgsformel so: „Es ist ganz einfach. Er ist sehr unkompliziert.“ Zudem sagt er über den als Assistent von Villas-Boas längst nicht derart beliebten di Matteo: „Ich denke, es tut ihm gut, nun Cheftrainer zu sein. Es scheint ihm zu gefallen, alleinverantwortlich zu entscheiden.“

Was gegen den 34-fachen italienischen Nationalspieler Di Matteo für ein Engagement beim Welt-Club Chelsea spricht: Seine allzu kurze Trainer-Vita. Bei seiner ersten Cheftrainer-Station von 2008 an gelang dem Ex-Mittelspieler, der bei Chelsea (1996-2002) seine beste Zeit erlebt hatte und wegen einer Beinverletzung mit 31 seine Karriere beendete, mit den Klub Milton Keynes Dons fast der Aufstieg in die zweite englische Liga.

In der Saison darauf nach seinem Wechsel zu West Bromwich Albion gelang der Erstliga-Aufstieg. In der Premier League wurde er aber nach ein paar Monaten wegen Erfolglosigkeit entlassen. Die Pflichtaufgabe, die er mit dem derzeitigen Liga-Sechsten Chelsea erfüllen muss, lautet: Die Qualifikation für die Champions League, die in allen Abramowitsch-Jahren bisher klappte.