Euphorie und Warnung
Dortmunds 4:1 gegen Madrid hat verzaubert, aber vor dem Rückspiel mahnen alle zur Vorsicht — sogar Reals Trainer Mourinho.
Dortmund. Gary Lineker ist ein Spaßvogel. „Eine Vorschau: Das Finale ist ein Spiel mit 22 Männern, die 90 Minuten einem Ball nachjagen, und am Ende gewinnen die Deutschen“, twitterte der englische Top-Torjäger von einst nach dem Dortmunder 4:1-Sieg gegen Real Madrid.
Leicht abgewandelt hatte er damit seine berühmte Aussage aus den 90er Jahren, die ein Klagelied an den funktionalen Ergebnisfußball der Deutschen war: „Fußball ist ein Spiel, bei dem 22 Männer einem Ball nachjagen, und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“
Doch von jenem verachteten Ergebnisfußball von einst war wie der FC Bayern beim 4:0 gegen Barcelona auch Borussia Dortmund an diesem historischen Abend weit entfernt. Mit vier Treffern veredelte der Held Robert Lewandowski eine Leistung aus Leidenschaft und technischer Finesse.
„Allein das 3:1 von Lewi war jeden Cent wert, den Sky und das ZDF für die Übertragungsrechte zahlen“, sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, der euphorisiert war. Aber auch warnte: „Es sind erst zwei Viertel gespielt. Wir sitzen in der Kabine, werden Samstag noch mal für Düsseldorf rausgelassen, und dann spielen wir die zweite Hälfte.“ Am Dienstag kommt es zum Rückspiel.
An dem wird wohl auch Mario Götze teilnehmen, der sich gestern bei den Dortmunder Fans „für die Unterstützung in turbulenten Tagen“ bedankte. Kein Pfiff, keine Negativ-Plakate hatte es gegeben, nachdem tags zuvor noch ein Sturm der Entrüstung auf den 20-Jährigen wegen seines Wechsels zum FC Bayern niedergeprasselt war.
Laut Klopp war das „nicht selbstverständlich und deshalb umso herausragender“. Der Trainer hatte Götze vor dem Spiel gar angeschwindelt, als er ihm prophezeite, die Fans würden ihn vorbehaltlos unterstützen. „Ich habe so getan, als sei ich mir sicher.“
Ohnehin hat Klopp inzwischen ein Selbstbewusstsein entwickelt, das ihn auch die Abgänge der Stars wie Nuri Sahin (Real Madrid, nun wieder vom BVB ausgeliehen), Shinji Kagawa (Manchester United) oder nun Götze verkraften lässt. „Es gibt im Leben keine Garantien, dass alles so bleibt, wie es ist. Auch ändere Mütter haben schöne Söhne, die gut kicken können“, sagte der Trainer, der sich mit den Euro-Millionen bald auf den Weg machen wird, um einer herausragenden ersten Elf, die er ob fehlender Alternativen durch die Saison prügeln muss, qualitativ hochwertige Alternativen zu verschaffen.
Vor allem für die Außenverteidiger Marcel Schmelzer und Lukasz Piszczek , Stürmer Robert Lewandowski oder die offensive Dreierreihe, die alsbald auch noch ohne den brillanten Götze auskommen muss, fehlen Alternativen, die einem Fast-Finalisten gerecht würden.
Und Real Madrid? War kollektiv entsetzt, weil es sich wie im Gruppenspiel (1:2) erneut den Schneid hat abkaufen lassen. Als ein konsternierter Real-Trainer Jose Mourinho gefragt wurde, ob er noch an eine Wende im Rückspiel glaube, sagte er: „Wenn Sie meine Spieler jetzt fragen, werden viele sagen, das sei unmöglich. In einer Stunde glauben einige daran.
Und fragen sie morgen, dann werden alle überzeugt sein.“ BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke warnte auf seine Art: „In sechs Tagen wird die Welt neu definiert.“