Fernando „Torlos“ trifft und lächelt wieder
London (dpa) - 58-Millionen-Euro-Fußballer Fernando Torres ist ein Sensibelchen. Kaum hat der FC Chelsea einen Trainer, der an den Spanier glaubt und „el niño“ (das Kind) eher mal in den Arm nimmt als der coole Taktiker André Villas-Boas tat, hat Torres seine schier ewige Torflaute beendet.
„Er genießt sich wieder selbst“, sagt Interimscoach Roberto Di Matteo, „er hat ein Lächeln auf seinem Gesicht“. Und das hatte der blondierte Sunnyboy längst verloren. 1541 Minuten war der spanische Welt- und Europameister Chelseas Fernando „Torlos“. Englands nicht zimperliche Zeitungen rechneten jede Woche hämisch mit, bestellten schon ein „Taxi for Torres“ oder verhöhten ihn als „teuersten Flop in der Fußball-Geschichte“.
Aber der kumpelhafte Italo-Schweizer Di Matteo gab „einer verlorenen Seele neue Energie“ - so meint der „Guardian“. In den acht Partien unter ihm stand Torres fünfmal in der Startelf. Der 28-Jährige dankte ihm das Vertrauen mit zwei Toren im FA-Cup gegen Zweitligist Leicester City (5:2) und gegen Aston Villa mit seinem ersten Premier-League-Tor seit sechs Monaten. Es war „fabelhaft“ (Di Matteo), wenn auch nur das ergebniskosmetische 4:2 (92.). Die nächste Reha-Maßnahme zurück zum alten Liverpool-Torres wäre nun ein entscheidender Treffer im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Benfica Lissabon in London.
„FER-NAN-DO TORRES... CHELSEA'S NUMBER 9“ - diesen Song wollen die geduldigen Blues-Fans ihrem Liebling an der Stamford Bridge wieder schmettern. Zum 1:0-Hinspielsieg hatte er immerhin die Vorlage gegeben. Auch die Chelsea-Kameraden würden dem Teamplayer aus Madrid, den sein Nationaltrainer Vicente Del Bosque zuletzt schweren Herzens nicht mehr berücksichtigt hat, ein Tor gegen Benfica von Herzen gönnen. „Natürlich hat er den Druck gespürt. Deshalb tun wir alles, um ihn zu unterstützen. Wir wissen, wie gut er ist. Wir haben das jeden im Training gesehen“, sagte der Serbe Branislav Ivanovic.
Torres darf wohl wieder von Beginn an ran - Didier Drogba ist mit seiner Fuß-Verletzung fraglich. Chelseas Ex-Trainer Carlo Ancelotti hatte die Theorie aufgestellt, der im Januar 2011 vom FC Liverpool mit der Empfehlung von 65 Toren in 102 Spielen verpflichtete Torres leide unter Platzhirsch Drogba: „Er saugt seine Konkurrenten auf.“
Weder vor Experten noch vor Spöttern war Torres sicher. Bereits damals nach seiner Ankunft in West-London hatte er zwölf Stunden und zwölf Minuten fürs erste Tor gebraucht - akribisch dokumentiert auf einer Homepage mit dem Titel „HasFernandoTorresscoredforChelsea.com“ („Hat Fernando Torres für Chelsea getroffen?“). Nun wurde dort auch der „letzte Fluch“ ergänzt: jene 25 Stunden und 41 Minuten.
Torres selbst spricht derzeit kaum. Wenn, dann nur mit Chelseas Internetseite oder Chelsea-TV. Nach seinen Toren im Pokal sagte er dort: „Das war vor allem für die Fans. Sie haben mich von Anfang an unterstützt - sogar umso mehr, als die Dinge schlecht liefen.“ Bei mageren acht Toren für Chelsea soll es gewiss nicht bleiben. Und im Juni beginnt dann wieder eine EM: An die vorige hat der Torschütze des entscheidenden 1:0 im Finale gegen Deutschland wunderbare Erinnerungen.