Halbfinale Rückspiel Finale oder „Heldentod“: Bayern müssen Real überwinden
Madrid (dpa) - Nach 18 Minuten blickte Jupp Heynckes auf seine Armbanduhr und fand, es sei nun wirklich alles gesagt. Der 72 Jahre alte Triple-Coach saß im Bernabeu-Stadion und hatte Titelverteidiger Real Madrid einen großen Kampf des FC Bayern um den Einzug ins Champions-League-Finale versprochen.
„Meine Mannschaft versteht es, in solchen Spielen über sich hinauszuwachsen. Es wird ein extrem schwieriges Spiel für uns - und auch für unseren Gegner“, sagte ein kämpferischer Heynckes am Montagabend bei der Pressekonferenz.
Geheimpläne gibt es nicht. Offenes Visier ist angesagt. Nach dem 1:2 im Hinspiel muss der deutsche Meister einiges riskieren und vor allem eines besser machen, um eine Wende zu erzwingen. „Wir müssen effizienter sein. Wir sind hier, um unsere Chance wahrzunehmen.“
Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge hatten am Morgen noch schnell einen Bayern-Fanshop am Münchner Flughafen eröffnet, ehe sie mit der Hoffnung auf eine magische Fußballnacht nach Madrid entschwebten. „Auf gute Geschäfte“, sagte Präsident Hoeneß noch bei der kurzen Zeremonie im Terminal. Beste Werbung für den Verkauf von Trikots mit den Namenszügen von Robert Lewandowski oder Thomas Müller wäre ein Ende des Münchner Real-Komplexes im Estadio Santiago Bernabeu.
Vorstandschef Rummenigge erwartet am „1. Mai, dem Tag der Arbeit“, einen heroischen Kampf. Ihm wäre am Dienstag ein ähnliches Drama wie vor einem Jahr recht, als die Bayern beim Viertelfinal-Aus ebenfalls nach einem Hinspiel-1:2 in Madrid eine Verlängerung erzwangen und erst dann mit 2:4 unterlagen. Eine 2:1-Führung nach 90 Minuten „wäre ein Wunschergebnis“, meinte der Bayern-Chef, „und diesmal dann besser aus der Verlängerung kommen“.
Rummenigge will „Mut, Leidenschaft und viel Kampf“ auf dem Spielfeld sehen. Die Mannschaft müsse alles versuchen - und notfalls einen „Heldentod“ sterben. Noch ist das erneute Triple mit Heynckes möglich. „In großen Spielen zeichnen sich ganz große Spieler aus“, betonte er. Gemeint waren damit auch seine Offensiv-Asse Lewandowski und Thomas Müller, der gegen Real torlos ist. „Das gibt Anstoß, noch gieriger vor dem Tor zu sein. Wir müssen dahin gehen im Strafraum, wo es weh tut“, sagte Müller in Madrid. „Die Chancen, die wir kriegen - und wir werden welche kriegen -, müssen wir nutzen“, sagte der ehemalige Weltklassestürmer Hoeneß.
Heynckes hat gerade offensiv wenig Handlungsspielraum. Arjen Robben, der Mann für die ganz großen Spiele, flog nach seiner Verletzung aus dem Hinspiel gar nicht erst mit nach Spanien. Sandro Wagner ist die einzige echte Angriffsoption, die Coach Heynckes ziehen könnte. „Ich will unbedingt spielen. Bei uns steckt keiner auf. Wir werden alles reinwerfen“, versprach Wagner den Fans. Eine Doppelspitze mit Lewandowski und Wagner von Anfang an schloss Heynckes aber aus: „Sandro kann vielleicht eine Waffe werden während des Spiels.“
Erste Option auf Tore bleibt aber Lewandowski, der wortlos den Lufthansa-Airbus bestieg. Heynckes, Hoeneß, Rummenigge, alle hoffen, dass der herausragende Bundesliga-Torschütze auch in einem K.o.-Spiel in Europas Königsklasse mal so als Entscheider auftrumpft, wie es Cristiano Ronaldo regelmäßig im Trikot von Real Madrid vormacht.
Rummenigge nannte die Diskussionen um Lewandowski „lächerlich“. Der Pole sei eine „Tormaschine“ wie früher Bayern-„Bomber“ Gerd Müller, der auch Torlos-Phasen durchlebt habe. „Aber dann gibt es wieder Spiele, da trifft man zwei-, dreimal. Ich wünsche ihm, dass er so einen Tag hat“, sagte Rummenigge zu Lewandowski.
Toreschießen ist bekanntlich auch in Madrid möglich. „Ich werde die Mannschaft darauf hinweisen, dass Real gegen Juventus 0:3 zurücklag. Madrid ist zuhause verwundbar“, sagte Heynckes. Er will verhindern, dass seine ruhmreiche internationale Trainer-Laufbahn mit einem Halbfinal-K.o. endet. „Unser Ziel ist das Finale“, sagte er.
„Wir trauen uns das zu“, äußerte Niklas Süle zur Mission, die schwierig, aber nicht unmöglich erscheint. Der 22-Jährige muss den verletzten Jérôme Boateng im Abwehrzentrum ersetzen. „Für solche Momente bin ich da“, sagte Süle selbstbewusst. Sein Hauptjob wird es sein, zusammen mit Nebenmann Mats Hummels Superstar Ronaldo zu stoppen. „Er hat eine wahnsinnige Körpersprache. Aber wir haben ihn im Hinspiel gut im Griff gehabt“, sagte Süle selbstbewusst.
Real-Coach Zinedine Zidane hat das „Spiel des Jahres“ ausgerufen. „Wir werden ein enormes Spiel machen müssen“, sagte der Franzose mit weiterhin großem Respekt vor den Bayern, die er als Trainer dreimal nacheinander besiegen konnte. Er richtete einen eindringlichen Appell ans Publikum: „Ich bitte die Fans, uns zu unterstützen wie noch nie.“