Klare Ansage der Bayern-Bosse Kapitän Neuer: „Negative Stimmung“ vor Anderlecht
München (dpa) - Es rumort mal wieder beim FC Bayern. Die Bosse sind verärgert, Stars unzufrieden, die Stimmung ist schlecht - und das pünktlich zum neuen Anlauf auf den Champions-League-Thron.
Nach der ersten Saisonniederlage und dem bemerkenswerten Interview-Alleingang von Torjäger Robert Lewandowski sah der neue Kapitän Manuel Neuer den Zeitpunkt für gekommen, vor dem Auftaktspiel am Dienstagabend (20.45 Uhr) gegen den RSC Anderlecht alle beim deutschen Rekordmeister zur absoluten Konzentration auf das Wesentliche aufzurufen.
„Für mich als Kapitän ist wichtig, dass wir erfolgreichen Fußball spielen. Darauf sollten wir uns konzentrieren und damit ist uns am meisten geholfen“, sagte der Nationaltorhüter. Neuer hofft, dass man die „in Anführungszeichen negative Stimmung“ in den vielen Partien der gerade angelaufenen englischen Wochen wieder vertreibe.
Klartext gab es zwei Tage nach dem 0:2 gegen Hoffenheim auch von den Bossen, und das nicht nur an die Adresse von Lewandowski. „Die Spieler sind in erster Linie dafür da, gut zu trainieren, gut zu spielen und die Leute zu begeistern“, sagte Hoeneß als Replik auf Lewandowskis kritische Gedanken zur Transferpolitik. Das Sagen im Verein hätte allein die Führung. Und Hoeneß besorgt aktuell mehr die sportliche Entwicklung seines Vereins, auch wenn nach sechs Punkten aus drei Ligaspielen „jetzt keine Alarmglocken“ schrillen müssten. Das würden sie aber sicherlich, wenn gegen Belgiens Meister der 14. Auftaktsieg nacheinander in der Champions League verpasst würde.
Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge reagierten erst mit zwei Tagen Verzögerung auf Lewandowskis Aussagen, welche die Vorbereitung auf das Anderlecht-Match überlagerten. Rummenigge reagierte via „Bild“-Zeitung sauer, auch wenn er hinter Lewandowskis Vorstoß dessen Berater als Anstifter vermutet. Der Bayern-Chef sprach einen allgemeinen Warnhinweis an die Profis aus. „Wer öffentlich den Trainer, den Verein oder die Mitspieler kritisiert, kriegt ab sofort Stress mit mir persönlich“, sagte der 61 Jahre alte Rummenigge.
Ein latenter Zustand der Unzufriedenheit dringt zu Beginn des zweiten Ancelotti-Jahres vermehrt aus dem Inneren nach außen. Thomas Müller äußerte Zweifel am Vertrauen des Trainers. Lewandowski sorgt sich mittelfristig sogar um die Wettbewerbsfähigkeit des FC Bayern mit Großeinkäufer-Clubs wie dem Gruppengegner Paris Saint-Germain.
Der Pole, inzwischen 29 Jahre alt, will seine Karriere nicht ohne einen Champions-League-Triumph beenden. Hoeneß erinnerte Lewandowski vorsorglich an seinen langfristigen Vertrag bis 2021. „Eines muss klar sein: Solche Verhältnisse wie in Dortmund, dass man jedes halbe Jahr über einen Ausstieg diskutieren wollte, die wollen wir hier nicht haben.“ Lewandowski war 2014 vom BVB zum FC Bayern gewechselt.
Carlo Ancelotti setzt den Aufgeregtheiten um ihn herum nach außen seine unerschütterliche Gelassenheit entgegen. „Ich muss nicht mit Lewandowski über sein Interview reden. Ich muss mit ihm über die Strategie für das Spiel gegen Anderlecht reden“, erklärte der Coach nur. Er weiß, welches Allheilmittel beim FC Bayern am besten wirkt: „Wichtig ist, guten Fußball zu zeigen nach der Niederlage.“
Auf die Reaktion drei Tage nach der ersten Saisonschlappe ist nicht nur Hoeneß gespannt, der sich darüber „wahnsinnig geärgert“ hatte. „Das eigentliche Problem am Wochenende war nicht das Interview von Robert Lewandowski im Spiegel, sondern dass wir in Hoffenheim sehr, sehr schwach gespielt und verloren haben. Das beschäftigt mich, nicht was irgendeiner in der Zeitung sagt.“ Hoeneß erwartet umgehend Besserung. „Wir müssen unsere Probleme lösen. Wir spielen nicht so gut schon seit Anfang der Saison. Daran gilt es zu arbeiten“, forderte er.
Anderlecht könnte ein guter Aufbaugegner sein, auch wenn Ancelotti neben den verletzten David Alaba und Juan Bernat auch der gesperrte Arturo Vidal fehlt. Franck Ribéry und Arjen Robben dürften in die Startelf rotieren, Nationalspieler Jérôme Boateng zählt erstmals in dieser Saison zum Kader. Der 34-malige belgische Meister ist schlecht in die Saison gestartet. René Weiler, Ex-Trainer des 1. FC Nürnberg, hat etliche Probleme zu lösen. Seinen Toptransfer Sven Kums verbannte er zuletzt sogar auf die Tribüne. Der Spielausgang dürfte am Ende aber allein von der Leistung des FC Bayern abhängen. So sieht's auch Präsident Hoeneß: „Die Spieler müssen das spielen, was sie können. Wenn sie gut spielen, werden wir gegen Anderlecht gewinnen.“