Weltmeister im Duell Kroos und Khedira als Rivalen im Champions-League-Finale
Cardiff (dpa) - Die Weltmeister Toni Kroos und Sami Khedira sorgen bei ihrem Strategen-Gipfel für ein Champions-League-Novum. Zum ersten Mal in der glorreichen Königsklassen-Geschichte kämpfen zwei deutsche Stars mit ausländischen Finalisten um Europas Fußballkrone.
Der letztjährige Gewinner Kroos will als Titelverteidiger mit Real Madrid den Henkelpott zum insgesamt dritten Mal in den Nachthimmel recken. Khedira möchte in der Siegerliste dorthin, wo der 27 Jahre alte DFB-Kollege durch Erfolge mit Madrid und Bayern schon ist: Nach dem Triumph mit Real im Jahr 2014 strebt der 30-Jährige mit Juventus Turin den begehrtesten Vereinstitel mit seinem zweiten Club an.
Bundestrainer Joachim Löw sieht seine beiden Leistungsträger als Schlüsselfiguren beim Endspiel-Spektakel am Samstag in Cardiff. „Beide nehmen in ihren Teams eine sehr wichtige Rolle ein. Das ist natürlich auch für mich sehr erfreulich“, sagte Löw der Deutschen Presse-Agentur. Beide bekommen während des Confed Cups eine Verschnaufpause, für die WM 2018 sind sie feste Größen bei Löw.
Der 76-malige Nationalspieler Kroos und der 70-malige Auswahlspieler Khedira übernehmen tragende Rollen in ihren Weltklasse-Vereinsteams. Beim Streben nach Balance auf dem Spielfeld führen sie ihre Strategen-Aufgaben mit unterschiedlichen Schwerpunkten in ähnlichem Hoheitsgebiet aus. „Es ist nicht unmöglich, dass sich unsere Wege kreuzen. Sonst spielen wir ja Seite an Seite. Jeder kennt den anderen ganz genau“, sagte Kroos in Vorfreude auf das Duell in der Mittelfeldzentrale. „Jeder konzentriert sich auf sich und seine Mannschaft“, sagte Khedira zu möglichen Kontakten vor dem Spiel.
Real-Star Kroos bevorzugt die offensivere Rolle und ist als „Herr der Standards“, wie er in Spanien gerühmt wird, gefährlicher Vorbereiter. Der lukrative Vertrag bis 2022 macht den Mann mit der großen Passgenauigkeit zu einem Großverdiener im Weltfußball. „Mein dritter Titel in der Königsklasse - schön wäre es“, sagte Kroos in der „Bild“. „Wenn wir es schaffen, könnte man durchaus von einer Ära der vergangenen Jahre sprechen“, erklärte er in der „Sport Bild“ mit Blick auf die nie geglückte Titelverteidigung.
2014 wechselte Kroos ein Jahr nach dem Champions-League-Sieg mit dem FC Bayern zu Real. „Wir alle lieben ihn. Er ist außergewöhnlich, beidfüßig und ein unglaublich intelligenter Spieler“, schwärmte Madrids Coach Zinedine Zidane. Ähnlich lobend äußert sich Löw: „Toni Kroos konnte man zuletzt international einige Male bewundern. Mit welcher strategischen Klarheit er spielt und gleichzeitig mit welcher Kreativität und Phantasie, mit welcher guten Technik“.
Als Kroos nach Madrid kam, war Khedira schon vier Jahre dort. Anders als Ballverteiler und Edeltechniker Kroos verkörpert der frühere Stuttgarter klassische deutsche Tugenden: Willen und Einsatz, dazu besticht er mit einer ungeheuren Dynamik. Khedira, der medial schon als machtvoller „Jedi-Ritter ohne Laser-Schwert“ gepriesen wurde, ist dabei noch mehr als Kroos auf Absicherung bedacht. Wie wichtig Khedira wirklich ist, merkt man immer erst dann, wenn er draußen ist. „Natürlich wollen alle lieber Tricks und Tore sehen. Ich auch“, sagte Khedira, der rechtzeitig fit wurde. „Nur: Mit elf Dybalas würde man wahrscheinlich gegen den Abstieg spielen. Die Mischung macht‘s.“
Khedira wurde in seinen fünf Jahren in Madrid ohne den Spektakel-Faktor im Spiel auch kritisch gesehen. Seine Fähigkeiten als Stabilisator werden im Defensivliebhaberland Italien höher geschätzt. Trainer Massimiliano Allegri braucht seinen „stillen Anführer“, der noch einen Vertrag bis 2019 hat. „Seine taktischen Fähigkeiten werden geschätzt, weil in Italien gerade die Finessen in diesem Bereich einen unglaublich hohen Stellenwert haben. Sami bringt Wucht und Dynamik ins Spiel, hat eine unglaubliche Erfahrung, Präsens und Ausstrahlung“, erklärte Löw.
Privat hat sich Khedira seit der Trennung von Model Lena Gercke aus dem Fokus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Auch von Kroos sieht man wenig Privates, wenngleich der schonmal wie beim Viertelfinal-Erfolg über den FC Bayern mit dem Söhnchen durch die Interviewzone düst. „Pur“-Fan Kroos tritt im Gegensatz zu Khedira aber etwa als Gala-Veranstalter für seine Stiftung auch im größeren Rahmen auf.
„Keinen Favoriten“ sieht der nun ehemalige Fußball-Profi Philipp Lahm beim Zweikampf der langjährigen Kollegen. „Es gibt nicht mehr die Duelle, die es früher mal gab, in denen der eine dem anderen 90 Minuten hinterher läuft und ihn ausschalten muss. Deshalb gibt es auch nicht das Eins-zu-eins-Duell zwischen Toni Kroos und Sami Khedira“, sagte Lahm. Doch besonders ist dieses Kräftemessen allemal.