Lahm und die große Bühne Champions League
Rom (dpa) - Beim Weg ins feine Teamhotel in Rom wurde Philipp Lahm überschwänglich von den wartenden Fans bejubelt, beim stürmischen Schulterklopfen rutschte gar das Sakko ein Stück am Arm herunter.
Populär bleibt der Weltmeisterkapitän allemal - nach dem Rücktritt aus dem Nationalteam ist die Champions League als große Bühne mehr denn je Anreiz und Genuss für den 30-Jährigen.
„Ich will noch einmal diesen Pott“, betonte Lahm. Egal ob in diesem oder in den kommenden drei Jahren, den 2013 in die Höhe gereckten Pokal will der Münchner Spielführer unbedingt wieder in den Händen halten. „Wir sind einen Schritt weiter im Vergleich zur letzten Saison zu diesem Zeitpunkt. Vor allem im taktischen Bereich“, erklärte Lahm vor dem Spiel am Dienstag beim AS Rom. Genau 100 Tage lag da der Weltmeisterschaftstriumph zurück.
In der Saison nach dem WM-Titel kann sich Lahm durch das Ende der DFB-Karriere mehr Ruhepausen gönnen. Spielfreie Wochenenden genießt der Familienvater gern mit Ehefrau Claudia und Söhnchen Julian, für seinen FC Bayern startet er ausgeruhter in die Marathon-Wochen. Solche Erholungsphasen, betonte Lahm am Wochenende nach dem ersten Bundesliga-Doppelpack im 321. Spiel, hätten auch andere in den Länderspiel-Wochen gehabt. Der Franzose Franck Ribéry oder der Spanier Xabi Alonso etwa traten ebenfalls aus ihren Auswahlmannschaften zurück, um sich ganz auf den Club zu fokussieren.
„Wir drei sind über 30, permanente englische Wochen sind da nicht mehr so einfach. Ruhephasen helfen, damit Kopf und Körper regenerieren“, beschrieb Lahm. Im Gegensatz zu einigen anderen Weltmeistern sprüht der 113-malige Nationalspieler vielleicht auch dank dieser Verschnaufpausen vor Spielfreude.
Die Europapokalspiele im Flutlicht hat Lahm schon immer besonders geliebt. Wie Bastian Schweinsteiger könnte er in dieser Saison als nächster Bayern-Profi nach Oliver Kahn (130 Einsätze) die 100-Spiele-Marke im Europacup knacken. „Er ist einer der fünf besten Spieler in der langen Geschichte von Bayern München. Es ist eine Riesenehre, sein Trainer zu sein“, schwärmte Trainer Pep Guardiola mit Blick auf die ruhmreiche Münchner Fußball-Historie.
Der spanische Starcoach beorderte den Musterprofi in der vergangenen Saison dauerhaft ins Mittelfeld. An der Seite des dominanten Dauerpassgebers Xabi Alsono kann der Allrounder nun sogar in modifizierte Rolle agieren. „Ich habe gegen Bremen offensiver gespielt“, erklärte Lahm. Mit einem Torreigen wie gegen die Werder-Schießbude rechnet er aber deswegen keineswegs. „Ob das noch mal vorkommt, das wage ich zu bezweifeln“, sagte Lahm zu weiteren Doppelpack-Aussichten.
Die Bayern freuen sich - erst recht angesichts der Verletzungen von Thiago, Javi Martínez und Bastian Schweinsteiger - über den frischen Lahm. Im Sommer verlängerte Lahm bis 2018 und unterschrieb damit den „definitiv letzten Vertrag“ seiner Karriere. Im Nationalteam fehlt er dagegen wie erwartet. „Es war auch klar, dass es nicht möglich sein wird, nach dem Rücktritt von Philipp Lahm jahrelange Weltklasse in ein paar Wochen zu ersetzen. Diese Träume müssen wir uns abschminken“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Manch ein Fan hofft schon auf ein Comeback für die EM 2016.
Lahm selbst beteuerte, dass ihm der Gewinn der Europameisterschaft nicht in seiner imposanten Trophäensammlung fehlen wird. „Nein. Für mich gab es mit der Nationalmannschaft vor allem ein großes Ziel - den WM-Titel“, sagte er im „kicker“.
Zwar wurde Lahm dieser Tage für seine Stiftung für benachteiligte Kinder und Jugendliche mit der Bayerischen Staatsmedaille für soziale Verdienste ausgezeichnet. Aber ohne das ehrenvolle Amt im Nationalteam steht er etwas weniger als noch vor Monaten im Fokus. In alter Funktion wird er noch einmal am 10. November fungieren. Im Schloss Bellevue bekommen Lahm und die anderen deutschen Titelhelden von Bundespräsident Joachim Gauck das Silberne Lorbeerblatt verliehen. Wenige Stunden später feiert am Tag vor Lahms 31. Geburtstag der WM-Film „Die Mannschaft“ in der Hauptstadt Premiere.