Nach dem 0:5-Debakel: Bayers Furcht vor dem Knacks
Leverkusen (dpa) - Torjäger Stefan Kießling zog sich verschämt das Unterhemd über den Kopf, Geschäftsführer Michael Schade eilte wortlos davon, und Sportdirektor Rudi Völler kommentierte grimmig den Untergang.
„Das war eine Blamage, eine bittere Nacht“, gab ein entsetzter Völler nach der höchsten Heimpleite seiner Mannschaft in der Champions League gegen Manchester United zu und fürchtet: „Jetzt gibt es Gegenwind.“ In Sarkasmus flüchtete sich Kapitän Simon Rolfes nach der Fußball-Demütigung: „0:5 geht nicht. Aber besser einmal 0:5 als fünfmal 0:1.“
Vertan hat die Werkself nicht nur die Chance, vorzeitig ins Achtelfinale der Königsklasse einzuziehen, sondern das im Free-TV gezeigte „Topspiel der Woche“ zum Aufpeppen des blassen Images zu nutzen. Immerhin sahen 5,59 Millionen Zuschauer am Fernseher zu. „Ich hätte im Nachhinein lieber ein anderes Live-Spiel gehabt“, sagte Mittelfeldspieler Stefan Reinartz. Sein kolossaler Patzer leitete das 0:1 durch Antonio Valencia (22.) ein. Dem folgte ein Eigentor von Verteidiger Emir Spahic (30.) sowie die Treffer von Jonny Evans (65.), Chris Smalling (77.) und Nani (88.). „Wir haben das vermasselt, 0:5 sieht schlimm aus“, ärgerte sich Reinartz.
Die englische Tageszeitung „The Telegraph“ bescheinigte Leverkusen eine „schäbige Leistung“. Besonders peinlich war die Klatsche Bayer-Cheftrainer Sami Hyypiä, der sein Team in der Bundesliga zum Bayern-Jäger Nummer eins trimmte. „Es ist nicht so angenehm, hier zu sitzen und das zu erklären“, meinte er bei der Pressekonferenz verlegen. „Fünf Tore zu bekommen, ist eine große Nummer. Das war eine Lehrstunde im Fußball.“ Bayer ist erst die sechste deutsche Mannschaft in 53 Jahren Europacup, die ein Heimspiel mit fünf Toren Unterschied verloren hat.
Für „Bayer 0:5“ war es nach dem 2:4 in Manchester und dem 1:7-Alptraum im März 2012 beim FC Barcelona eine weitere bittere Lektion in der Champions League. „Das war ein Satz mit X, das war gar nix, das hatte mit Champions League nichts zu tun“, höhnte Leverkusens Ex-Manager Reiner Calmund via „Sky“. Dabei glaubte der Liga-Zweite, nach der ersten Niederlage gegen ManU durch gute Auftritte gegen Real Sociedad San Sebastian (2:1) und Schachtjor Donezk (4:0, 0:0) genug Selbstbewusstsein für die Revanche zu haben.
Droht nach dem Rückschlag nun auch ein Einbruch in der Bundesliga? „Ich hoffe, dass das Ergebnis gut für die Zukunft ist und alle nun wissen, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben“, sagte Hyypiä, der seine frustrierte Truppe bis zum Spiel am Samstag gegen den 1. FC Nürnberg wieder aufrichten muss. „Ich glaube nicht, dass es einen Knacks gibt“, meinte Rolfes. „Gegen Nürnberg erwarte ich eine Reaktion und dass wir zeigen, das Ergebnis abschütteln zu können.“
Ausgerechnet drei Tage vor dem „Endspiel“ um den Einzug in das Achtelfinale am 10. Dezember in San Sebastian tritt Bayer noch zum Westderby bei Borussia Dortmund an. Um weiterzukommen, muss Bayer in Spanien gewinnen und auf Schützenhilfe aus Manchester hoffen. Die Engländer dürfen ihre Partie gegen Schachtjor Donezk nicht verlieren. Sollten die Ukrainer in Manchester verlieren, reicht Bayer bereits ein Remis in San Sebastian. „Ich hoffe, dass Manchester den Schwung des Spiels gegen uns mitnimmt und gegen Donezk gewinnt“, sagte Rolfes.