Pilsens Trainer Pavel Vrba: Der tschechische Ferguson
Pilsen (dpa) - Der Star ist der Trainer, auch wenn das vor fünf Jahren in Tschechien niemand geglaubt hätte. Als Pavel Vrba am 8. Oktober 2008 das Trainingsgelände von Viktoria Pilsen erstmals betrat, waren die Fußballer des 1911 gegründeten Vereins Mittelmaß in Tschechien.
In fünf Jahren hat Vrba jedoch Unglaubliches vollbracht. Er führte Pilsen nicht nur zu zwei Meistertiteln, sondern auch zur zweiten Champions-League-Teilnahme, die dem Verein am Mittwoch ein Auswärtsspiel beim großen FC Bayern München beschert.
Bei diesen Erfolgen ist es kein Wunder, dass der 49 Jahre alte Trainer in diesen Tagen auch als Topfavorit auf den vakanten Nationaltrainerposten in seiner Heimat gehandelt wird, was in Pilsen für helle Aufregung sorgt. Noch vor der Abreise nach München sprach Vereinschef Tomáš Paclík ein Machtwort Richtung Verband, dass er Vrba nicht zur Nationalmannschaft ziehen lassen wolle. „Er hat bei uns Vertrag bis 2015 und so bleibt es“, erklärte Paclík am Montag.
So lange wie Pavel Vrba saß in der ersten tschechischen Liga kein Trainer auf der Vereinsbank, 152 Ligaspiele sind es inzwischen. Deswegen hat Vrba inzwischen einen Spitznamen bekommen: „Der tschechische Ferguson“. „Ich möchte mich aber auf keinen Fall mit einer solchen Persönlichkeit vergleichen. Das geht nicht. Alex Ferguson hat Unglaubliches erreicht“, sagte Vrba ein wenig verschämt zu dem Vergleich mit dem Ex-Coach von Manchester United.
In Pilsen hat Vrba recht schnell eine außergewöhnliche Mannschaft geformt. Bemerkenswert ist, dass er dabei auf Spieler setzte, die von anderen Vereinen (vor allem Sparta Prag) abgegeben und als unbrauchbar bezeichnet worden waren. Paradebeispiel ist der in Prag geborene Kapitän Pavel Horváth, der auch mit 38 Jahren noch eine Führungsrolle im Pilsener Mittelfeld spielt.
„Die Mannschaft hat allen Leuten gezeigt, dass sie guten Fußball spielen kann“, sagte Vrba stolz. Als er sein Amt in Pilsen übernahm, hatte Viktoria auch finanzielle Probleme. „Viele haben erwartet, dass wir zu Boden fallen. Aber es hat sich vieles geändert. Ich war Gott sei Dank in der richtigen Zeit an der richtigen Stelle“, erinnerte Vrba.
Die ersten internationalen Schritte waren für die unerfahrene Mannschaft schwierig. 2010 schied Pilsen in der Qualifikation zur Europa League gegen Besiktas Istanbul aus (1:1, 0:3). Nur ein Jahr gelang die Sensation: Pilsen erreichte in der Champions League in der Gruppe mit dem FC Barcelona, damals trainiert von Pep Guardiola, AC Mailand und Bate Borisow Platz drei. In der Zwischenrunde der Europa League schieden die Tschechen gegen Schalke 04 erst im Rückspiel in Gelsenkirchen mit 1:3 nach Verlängerung aus; alle drei Schalker Treffer erzielte übrigens damals Klaas-Jan Huntelaar.
Ganz gut lief es für Pilsen auch in der vergangenen Saison, als in der Europa League unter anderem Siege gegen namhafte Clubs wie Atlético Madrid und SSC Neapel gelangen. Vrba verordnet seiner Mannschaft Offensive. Nach der Balleroberung soll sofort nach vorne umgeschaltet werden. Den Fans gefällt das. Ganz oft ist die heimische Doosan Arena ausverkauft, was in Tschechien eher selten vorkommt.
Unter Vrba wachsen in Pilsen immer wieder Spieler heran, die auch in Deutschland Interesse wecken. Als erster wechselte Petr Jiracek in die Bundesliga, der das Angebot des VfL Wolfsburg annahm. Aktuell trägt der tschechische Nationalspieler das Trikot des Hamburger SV. Der nächste war Vaclav Pilar (von Wolfsburg an den SC Freiburg ausgeliehen). Im September verkaufte Viktoria Vladimir Darida nach Freiburg. Milan Petrzela dagegen konnte sich beim FC Augsburg nicht durchsetzen und spielt inzwischen wieder für Pilsen.