Schachtjor Donezk: Mit viel Kohle an die Spitze
Kiew (dpa) - Die erste Niederlage in der ukrainischen Fußball-Liga seit mehr als einem Jahr hat Meister Schachtjor Donezk völlig unvorbereitet getroffen.
Doch nach dem 0:2 beim krassen Außenseiter Arsenal Kiew hofft Trainer Mircea Lucescu auf zusätzliche Motivation vor dem Spiel beim dänischen Meister Nordsjælland in der Champions League am Dienstag. Schließlich winkt mit einem Erfolg in Kopenhagen vorzeitig der Einzug in die K.o.-Runde - und das in einer Gruppe mit Schwergewichten wie dem FC Chelsea und Juventus Turin.
„Vielleicht brauchten wir eine Niederlage, um wieder in die Spur zu finden“, sagt der Rumäne Lucescu. Genug Selbstvertrauen haben die „Kumpel“, wie das Team aus der Bergbauregion genannt wird, in der Königsklasse bereits gesammelt.
Beim 1:1 in Turin und vor allem dem überzeugenden 2:1-Heimerfolg über Chelsea hat Schachtjor geglänzt. Und auch beim 2:3 an der Stamford Bridge war die Lucescu-Elf über weite Strecken besser. Mit der britischen Millionentruppe wird Schachtjor auch wegen seines milliardenschweren Clubbesitzers Rinat Achmetow oft verglichen - der Deutsche Jakob Preuss nannte seinen Dokumentarfilm über den Verein „The Other Chelsea“, das andere Chelsea.
In der heimischen Liga ist Schachtjor ohnehin seit langem das Maß aller Dinge. Die Niederlage bei Arsenal Kiew bedeutete den ersten Punktverlust seit März, der Vorsprung auf Verfolger Dnjepr Dnjepropetrowsk beträgt zum Beginn der Rückrunde satte elf Punkte. Der vierte Meistertitel in Serie ist in Reichweite, Dauerrivale und Rekordmeister Dynamo Kiew längst abgehängt.
Der beeindruckende Aufschwung - Höhepunkt war bisher der Gewinn des Uefa-Pokals 2009 mit einem 2:1 nach Verlängerung über Werder Bremen - ist eng verbunden mit Achmetow (46). Der Oligarch ist mit rund 25 Milliarden US-Dollar Vermögen laut Magazin „Kommersant“ einer der reichsten Männer Europas. Seitdem er 1996 das Ruder übernahm, hat er seinen Heimatverein zum Spitzenteam umgekrempelt. Allein die hochmoderne Donbass-Arena als Spielort der Europameisterschaft 2012 ließ er sich rund 175 Millionen Euro kosten.
Achmetow ist aber nicht nur der reichste, sondern auch einer der geheimnisvollsten Männer in der Ex-Sowjetrepublik. Mitte der 1990er Jahre tauchte er sogar für mehrere Monate nach Monaco ab, weil in der Heimat wegen Mordes gegen ihn ermittelt wurde. Die Ursprünge seines Vermögens liegen weitgehend im Dunkeln. Doch kein Gerücht etwa um eine enge Verbindung in kriminelle Strukturen wurde je bewiesen.
Als sportliche Helfer setzt Schachtjor vor allem auf Brasilianer. Im aktuellen Kader stehen gleich neun Zauberer vom Zuckerhut, hinzu kommt der gebürtige Brasilianer Eduardo, der nun für Kroatien spielt. Selbst die Homepage des Vereins hat eine portugiesische Version. Fanliebling und absoluter Leistungsträger ist der Kroate Dario Srna.
Sie alle lassen sich auch locken vom guten Salär, das ihnen den Umzug in die graue Industriestadt erleichtert. Riesig ist auch der Fan-Zuspruch. 42 000 Zuschauer pro Spiel bedeuten - bei Eintrittspreisen von rund zwei Euro - den besten Schnitt in Osteuropa. Eine Reise nach Dänemark können sich aber die wenigsten Fans der Orange-Schwarzen leisten. Der monatliche Durchschnittslohn in ihrer verarmten Region liegt bei 350 Euro.