Schalke beißt sich oben fest - Bayer schaut auf Paris
Leverkusen (dpa) - Strahlend herzte Jens Keller seinen Siegtorschützen Klaas-Jan Huntelaar und feierte gemeinsam mit dem Team vor dem Schalker Fanblock ausgelassen den Big Point. Ein paar Meter weiter standen die Leverkusener traurig mit hängenden Köpfen.
Ein Bild mit Symbolcharakter - beim FC Schalke läuft es derzeit fast wie von allein, Bayer muss sich die Rückkehr in die Erfolgsspur hart und geduldig erarbeiten. „Wir hatten heute Glück und Ralf Fährmann im Tor“, fasste Schalkes Trainer die Geschehnisse zusammen.
Glück - das war bei den Königsblauen nach dem 2:1 (1:0) das am meisten strapazierte Wort in der mit 30 210 Zuschauern ausverkauften Bay-Arena. Selbst Rückschläge wie das Eigentor von Felipe Santana (66.) nach Leon Goretzkas herrlichem Heber-Führungstreffer (28.) steckt der Revierclub derzeit trotz Personalproblemen scheinbar mühelos weg.
„Wenn ich sehe, wie mein Team nach dem 1:1 gefightet hat, kann ich nur den Hut ziehen“, lobte Keller. Auch Huntelaar, der lange nicht zu sehen war und dann doch in unnachahmlicher Manier per Kopf das Siegtor (74.) markierte, grinste breit, als er den vierten Rückrunden-Erfolg erklärte: „Wir haben immer mindestens ein Tor mehr gemacht als der Gegner.“
Nicht nur laut Horst Heldt hatte die Partie den Namen „Bundesliga-Topspiel“ verdient. „Die Leverkusener waren sehr stark. Sie sind ja nicht umsonst Zweiter“, betonte Schalkes Manager. „Dass es am Ende noch so geklappt hat, ist wunderschön.“ Heldt spielte an auf den aus dem linken Mittelfeld gezirkelten Freistoß von Jefferson Farfán, den Huntelaar mit dem Kopf ins lange Eck beförderte und sein Team damit bis auf drei Zähler an Leverkusen heranbrachte.
Das 1:2 löste bei Bayer aber auch Diskussionen aus. Erstmals klang leise Kritik an Trainer Sami Hyypiä durch, der seine Abwehr bei Farfáns Freistoß dicht vor dem eigenen Tor platziert hatte. „Das ist die Vorgabe“, maulte Innenverteidiger Philipp Wollscheid. Warum? „Da bin ich der falsche Ansprechpartner.“ Der Finne, einst selbst ein Weltklasseverteidiger, hält die Strategie, nicht so hoch zu stehen, grundsätzlich für richtig. „Das ist unsere Manier. Wir verteidigen Freistöße so. Dann müssen die Abwehrspieler nicht in Richtung eigenes Tor laufen“, erläuterte Hyypiä.
Gegen einen der besten Strafraumstürmer der Welt wie Huntelaar ging die Taktik aber nach hinten los. „Wir wussten, dass Leverkusen tief steht und haben das extra trainiert“, lobte Heldt das Trainerteam, zu dem ja auch der ehemalige Bayer-Coach Peter Hermann gehört.
Auch Hyypiäs Maßnahme, den zuletzt in Galaform auftrumpfenden Sidney Sam gegen dessen künftigen Arbeitgeber nicht aufzubieten, um „ihn und uns zu schützen“, traf nicht nur auf Verständnis. „Ich stehe zu der Entscheidung. Natürlich kann man hinterher leicht sagen, es war falsch. Aber wenn Sid gegen Schalke gespielt hätte, hätte er am Dienstag gegen Paris vielleicht nicht spielen können.“ Sam eine Verschnaufpause zu gönnen, sei auch Teil seiner Überlegungen gewesen, sagte Hyypiä.
Letztlich habe die Elf nach dem blamablen Pokal-Aus gegen Kaiserslautern ja die richtige Reaktion gezeigt, meinte der Bayer-Coach. „Wir waren die bessere Mannschaft und hatten die besseren Torchancen. Nur haben unsere Möglichkeiten nicht genutzt, Schalke wohl.“ Auch Sportchef Rudi Völler lobte den Auftritt. „Schalke wäre nicht unglücklich über den Punkt gewesen. Einige hatten die 120 Minuten von Mittwoch noch in den Knochen, aber die Moral war top. Wir sind Zweiter, und das müssen andere erst einmal schaffen.“
Nach der zweiten Pleite in drei Tagen richtet Bayer den Blick nun auf das Champions-League-Achtelfinale. Am Dienstag ist das Starensemble um Zlatan Ibrahimovic zu Gast. Da bleibt keine Zeit zum Wundenlecken. „Paris St. Germain ist eine Top-Mannschaft. Wir werden alles geben, um die kleine Chance zu nutzen“, betonte der erkältete Ömar Toprak, der dann in die Startelf zurückkehrt. Genauso wie Sam.