Showdown im Millionen-Spiel für Schalke
Thessaloniki (dpa) - Schalke am Scheideweg: Für Julian Draxler geht es im Playoff-Rückspiel bei PAOK Saloniki um „Alles oder Nichts“, für Jens Keller womöglich um seinen Trainer-Job.
Sollte der FC Schalke 04 nach dem Bundesliga-Katastrophenstart auch die Gruppenphase der Champions League verpassen, dürften sehr unruhige Tage in Gelsenkirchen anstehen. Draxler hob die Brisanz der Partie in Thessaloniki hervor: „Das Spiel muss gewonnen werden. Es wird mit Sicherheit richtungsweisend für den weiteren Verlauf der Saison.“
Kein Wunder, dass die kriselnden und kritisierten Spieler am Montag um 10.15 Uhr nicht gerade fröhlich mit dem Charterflug AB 1004 von Düsseldorf in die griechischen Urlaubsmetropole starteten. Nach der Landung bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen über 30 Grad hellten sich die Mienen dann ein wenig auf. Der umstrittene Keller versuchte Zuversicht zu verbreiten. Er bange „überhaupt nicht“ um seinen Job, sagte der 42-Jährige. „Das interessiert mich nicht. Ich kann meinen Job nur so gewissenhaft wie möglich machen“, fügte er hinzu, räumte aber auch ein: „Man kennt ja das Geschäft.“
Rückendeckung gab Sportvorstand Horst Heldt. „Ja, selbstverständlich“, antwortete Heldt auf die Frage, ob Keller auch am Samstag im Bundesliga-Heimspiel gegen Bayer Leverkusen auf der Bank sitze. Der erste Saisonsieg gäbe Keller sicher Rückenwind. „Wir wollen alles dafür tun, erfolgreich nach Hause zu fahren“, so Keller.
Immerhin gab es personell leichte Entwarnung. Sowohl die beim 1:2 in Hannover ausgefallenen Jefferson Farfán und Atsuto Uchida als auch die neuen Sorgenkinder Joel Matip und Leon Goretzka traten die Reise nach Griechenland an. Wer an diesem Dienstag dann aufläuft, wird Keller kurzfristig entscheiden.
Ob seine Profis sechs Tage nach dem dürftigen 1:1 im Hinspiel Kellers Vorgabe, sich „den Arsch aufzureißen“, erfüllen können, ist fraglich. Schließlich müssten sie es in dieser Saison erstmals fertig bringen, ihre Konzentration über 90 Minuten (oder sogar länger) hochzuhalten und spielerisch wie kämpferisch zu überzeugen.
Timo Hildebrand schwor seine Kollegen nochmals eindringlich auf das Spiel ein, das dem Club im Erfolgsfall rund 20 Millionen Euro in der „Königsklasse“ bescheren würde. Ganz zu schweigen vom Renommee. „Diese Partie ist immens wichtig für den Verein - sportlich und finanziell gesehen“, betonte der Torhüter. Auch Draxler hat den Ernst der Lage erkannt: „Das Spiel bei PAOK ist eines der wichtigsten der Saison.“ Für Heldt sind die Verdienstmöglichkeiten in der jetzigen Lage eher nebensächlich: „Der sportliche Aspekt steht im Vordergrund. Natürlich ist es eine Begleiterscheinung, dass es dafür Geld gäbe.“
Jermaine Jones glaubt, dass die Mannschaft begriffen hat, worum es geht. „Es ist ein Alles-oder-nichts-Spiel. Allen ist die Situation bewusst. Die Mannschaft hat darüber gesprochen“, sagte Jones, der ein Ausscheiden in der Qualifikation wie 2008 gegen Atletico Madrid „nicht noch einmal erleben“ will. „Wir wollen alle wieder in die Champions League. Das ist unser Ziel. Deshalb bin ich auch optimistisch.“
Es wäre schon eine besondere Ironie, wenn ausgerechnet der von Heldt vor acht Monaten entlassene Huub Stevens nun mit PAOK das Schicksal seines Nachfolgers Keller als Schalke-Trainer vorantreiben würde. Der Manager glaubt jedoch unverdrossen an den Turnaround und den Siegeswillen der Elf, der bisher nur selten zu sehen war. „Der Wille kann Berge versetzen, das haben wir in Hannover in Unterzahl bewiesen.“
Für den 59 Jahre alte Trainerfuchs Stevens hat sein Ex-Club viel mehr zu verlieren: „Wir empfinden es nicht als Druck. Der liegt bei Schalke. Die müssen eine Runde weiterkommen, wir möchten weiterkommen“, sagte er am Montag. Dafür würde dem griechischen Vizemeister schon ein 0:0 genügen. Bei 1:1 nach 90 Minuten ginge es in die Verlängerung, jedes höhere Remis brächte „Königsblau“ in die Champions League. „Wir sollten nicht auf 0:0 spielen. Denn Schalke ist in der Lage, auch auswärts Tore zu schießen.“
Sorge bereitet dem Niederländer vor allem, dass sein Team ohne die Unterstützung der Fans auskommen muss. Wegen früherer Ausschreitungen verhängte die UEFA eine Zuschauersperre gegen PAOK. „Natürlich vermisse wir unsere Fans“, betonte Stevens. Die Frage lautet nun: Wem ist nach dem Geisterspiel zum Gruseln?