Sieg für die Bayer-Seele - Völler: Darüber wird man reden
Leverkusen (dpa) - Rudi Völler war zurecht mächtig stolz. Der Bayer-Sportchef würdigte, von einer schweren Last befreit, in den Katakomben der BayArena den Sturmlauf der Leverkusener Fußball-Mannschaft in die Gruppenphase der Champions League.
Mehr noch als die Freude über die satten Zusatzeinnahmen durch das 3:0 gegen Lazio Rom überwog „die sportliche Genugtuung. Uns haftete ja immer das Image an, im entscheidenden Moment zu versagen“, erklärte der 55-Jährige. Und machte klar, dass die finanziellen Aspekte „weniger der Knackpunkt“ seien.
Seit 1994 ist Völler zunächst als Spieler, dann als sportlich Verantwortlicher immer wieder betroffen von der öffentlichen Meinung zum Werksclub. Am Mittwochabend waren 28 222 Fans und 6,13 Millionen Zuschauer bei der ZDF-Übertragung schon erstaunt. Das Schmidt-Team, das beim Anpfiff einen Altersschnitt von 24,3 Jahren hatte, drückte dem Club des wegen Verletzung fehlenden Weltmeisters Miroslav Klose mit Dauer-Pressing und atemberaubendem Tempo die Luft ab.
Das Geld durch die sicheren 20 Millionen Euro Mehreinnahmen war dann aber doch das zweite bestimmende Thema in Leverkusen. Personell sieht Trainer Roger Schmidt bis zum Transferschluss „Optimierungsbedarf“. Nicht nur wegen der Misere mit Verletzten wie 12-Millionen-Mann Charles Aranguiz, Ömer Toprak oder Tin Jedvaj muss gehandelt werden, sondern auch wegen Heung-Min Son.
Der Südkoreaner steht vor einem Wechsel zu Tottenham Hotspur - für angeblich 30 Millionen Euro Ablösesumme. „Die ganze Mannschaft ist ziemlich enttäuscht. Es ist aber nicht seine Schuld, er ist ein feiner Kerl. Ich glaube, er wird schlecht beraten“, sagte Hakan Calhanoglu.
Die Umstände der unerwarteten Entwicklung um Son lösten durchaus Betroffenheit aus. Beim 1:0 in Hannover fehlte er wegen einer Erkältung. Und beim Abschlusstraining vor dem Lazio-Duell war der Südkoreaner auch nicht dabei. Angeblich soll er zu diesem Zeitpunkt schon zum Medizin-Check in London gewesen sein - bestätigt wurde das nicht.
Son dürfte weg sein. Aber das sollte, zumindest nach außen, keinen in Leverkusen stören. Viel mehr Konzentration richtete Schmidt schon jetzt auf die Top-Partie am Samstag (18.30 Uhr) bei Rekordmeister und Titelverteidiger Bayern München. „Eine größere Herausforderung gibt es nicht in Europa“, sagte Schmidt. „Wir werden versuchen, ein gutes Spiel zu machen und etwas mitzunehmen.“
So wie gegen Lazio: Als der Schlusspfiff ertönte, schritt Hakan Calhanoglu mit ausgebreiteten Armen auf das Spielfeld und genoss mit Kollegen und Fans einen denkwürdigen Abend. Die Mannschaft von Trainer Roger Schmidt fertigte Lazio regelrecht ab und machte das 0:1 im Playoff-Hinspiel mehr als wett.
„Viele hatten uns vielleicht schon abgeschrieben. Unglaublich, was die Mannschaft geleistet hat. Wir wurden jetzt einfach auch mal belohnt“, sagte Stefan Kießling. Der Stürmer war mit 31 Jahren der Senior auf dem Platz, rannte aber jedem Ball hinterher und leitete Calhanoglus (40.) und Admir Mehmedis Tore (48.) ein. Den Schlusspunkt setzte Karim Bellarabi (88.).
„Das war eine starke Leistung mit viel Leidenschaft und Herz. Wir gehören als Mannschaft in die Champions League“, sagte Kunstschütze Calhanoglu, der für das 1:0 gesorgt hatte. Mehr Lust als das Resultat und die Mehreinnahmen machten Spielern und Verantwortlichen indes die bevorstehenden Fußball-Feste gegen mögliche Kontrahenten wie den FC Barcelona oder Juventus Turin.