Verletzt und vermisst: Reals „Kronjuwel“ Khedira

Fast ein Jahr spielt Sami Khedira jetzt für Real Madrid. Die spanische Presse war nicht immer angetan von seinen Leistungen, aber seine Trainer José Mourinho und Joachim Löw schätzen ihn über die Maßen.

Ausgerechnet im „Clásico“ gegen Barcelona fehlt er verletzt.

Stuttgart (dpa) - Verglichen mit den traumhaften acht Monaten davor, fühlen sich die laufenden zwei Wochen für Sami Khedira ziemlich grausam an. Sein Verein Real Madrid spielt im Halbfinale der Champions League gegen den FC Barcelona - es gibt auf der ganzen Welt kein Fußballspiel, das ähnlich aufgeheizt und von Mythen umrankt ist. Ein ehrgeiziger und nimmersatter Profis wie Khedira lebt für solche Spiele, aber ausgerechnet jetzt kettet ihn ein Muskelriss im rechten Adduktorenbereich an einem Platz auf der Tribüne fest.

Eine Art Trost übermittelte ihm am Dienstag der Bundestrainer: „Wir planen, Khedira für die drei Länderspiele im Mai und Juni zu nominieren“, sagte Joachim Löw. Wenigstens ist die Verletzung des Nationalspielers nicht ganz so langwierig, wie zunächst befürchtet.

Real-Coach José Mourinho wird davon nicht mehr viel haben in dieser Saison, aber auch er dürfte sich für Khedira freuen. Der 24-Jährige ist in seinem ersten Jahr bei den „Königlichen“ zum Stammspieler, zum spanischen Pokalsieger und vor allem zu einem der Lieblingsschüler des großen Exzentrikers geworden. „Ich bin hier zufrieden und glücklich“, sagte er in einer ersten Bilanz.

Dieses Jahr hat noch einmal gezeigt, dass Khedira bei seinen Trainern in der Regel eine noch größere Wertschätzung genießt als bei Fans oder Journalisten. Die spanische Presse nahm ihn manchmal aufs Korn, weil sie ihn für zu blass hielt auf dem Platz. Mourinho dagegen nennt ihn ein „Kronjuwel“, er schätzt seine Einstellung, seine Zuverlässigkeit und die vorbildliche taktische Disziplin.

Löw sieht das genauso. „Die Konstellation Khedira/Schweinsteiger hat hervorragend geklappt. Es ist für mich die erste Option“, betonte der Bundestrainer im Februar. Der gebürtige Stuttgarter ist im Nationalteam zu einer festen Größe geworden, aber auch hier kreist die öffentliche Diskussion vor allem um Michael Ballack. Kommt er noch einmal zurück? Kann man auf Dauer auf ihn verzichten? Mit seiner Ankündigung vom Dienstag hat Löw noch einmal eine klare Botschaft gesendet: Er setzt auf Khedira. Ballack muss sich hinten anstellen.

Es ist ein bisschen paradox, dass ein fleißiger Teamplayer wie Khedira beinahe perfekt mit einem Selbstdarsteller wie Mourinho zusammenarbeitet. Der Portugiese hat die Noblesse und das elitäre Selbstverständnis von Real zuletzt mit Füßen getreten durch seine Tiraden. Er hat aber auch die Zeiten beendet, in denen man in Madrid einen Verteidiger benötigte und David Beckham bekam. Für Khedira liegt darin der Schlüssel: „Jose Mourinho ist ein Weltklasse-Trainer. Für ihn ist nicht entscheidend, wer in den Medien gut rüberkommt oder wer eine tolle Frau hat, sondern welche Spielertypen er braucht, um sein erfolgreiches Team zu formen“, sagte er.

Khedira profitiert davon. Er bekommt nicht so viel Aufmerksamkeit wie sein deutscher Teamkollege Mesut Özil, aber ähnlich viel Einsatzzeit. Er sorgt bei Real nicht für das Spektakel wie ein Cristiano Ronaldo, sondern eher für die Stabilität. Dem „Kicker“ verriet der ehemalige Stuttgarter: „Real war sportlich und menschlich die mit Abstand beste Entscheidung, die ich treffen konnte.“