Verletzung und Trainer-Disput bei bitterem Schalke-2:2
Gelsenkirchen (dpa) - Das sportliche Geschehen ging im Trubel der Ereignisse mit Stinkefinger, Platzverweis, Elfmeter und Julian Draxlers Armbruch fast unter.
Nach dem für Schalke 04 bitteren Last-Minute-2:2 im Champions-League-Duell mit Montpellier HSC sorgte der französische Trainer René Girard mit einer obszönen Geste Richtung Huub Stevens für einen Skandal, der Folgen für Girard und dessen Team hat. Die Europäische Fußball-Union klagte den Coach wegen „Ungebührlichen Verhaltens“ an. Am 9. Oktober muss er sich einer UEFA-Anhörung stellen.
Schalke-Coach Stevens hatte sich schon während des Spiels immer wieder mit Girard gestritten und sich über dessen Verhalten an der Seitenlinie beschwert. „Er hat bei jedem Foul Karten für unsere Spieler gefordert. Das tut man nicht, das ist nicht fair“, sagte Stevens, der auf die Stinkefinger-Geste und Girards Verbalattacken nicht im Detail eingehen mochte. „Wie heißt der Mann?“, fragte der Niederländer auf der Pressekonferenz in die Runde. „Was er von sich gibt, ist unwürdig. Das ist nicht das Niveau, das die Champions League braucht. Auf das Niveau begebe ich mich nicht.“
Zuvor hatte Montpelliers Coach sich seinerseits über mangelnden Respekt seitens der Königsblauen und Stevens beklagt. Als Schalke in der Nachspielzeit auf das Siegtor drängte und den Ball nicht ins Aus schoss, obwohl ein HSC-Profi verletzt auf dem Platz lag, brannten bei Girard die Sicherungen durch. Unverhohlen drohte er, dass man es Schalke im Rückspiel „heimzahlen“ werde. Eventuell ist er dann aber von der UEFA gesperrt.
Dabei konnte der 58-Jährige zurecht „stolz auf meine Mannschaft“ sein, die in der 13. Minute durch Karim Ait-Fana in Führung ging und trotz 38-minütiger Unterzahl kurz vor dem Abpfiff durch Souleymane Camara noch das 2:2 schaffte - was Stevens maßlos ärgerte, zumal sein Team zuletzt im Ligaspiel in Düsseldorf schon einen scheinbar sicheren 2:0-Vorsprung leichtsinnig verspielt hatte. „Das darf nicht passieren. Wir haben das Spiel kontrolliert, und dann leiten wir selbst den Konter des Gegners ein“, monierte Stevens nach dem Déjà-vu.
Julian Draxler war erst vermeintlicher Matchwinner, dann tragische Figur. Nach seinem 1:1-Ausgleich (26.) düpierte der 19 Jahre alte Jungstar mit einem Solo die gesamte HSC-Abwehr, ehe ihn Garry Bocaly von den Beinen holte. Der Rechtsverteidiger sah für die Notbremse Rot (52.). Als Klaas-Jan Huntelaar, anders als vor zwei Wochen in Piräus, den Elfmeter sicher verwandelte, schien der vierte Sieg im vierten Heimspiel gegen ein Team aus Frankreich nicht mehr in Gefahr.
Draxler war nach Bocalys Foul so unglücklich auf den linken Arm gefallen, dass er noch in der Nacht operiert werden musste. Clubarzt Thorsten Rarreck erklärte der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag, dass der Nationalspieler eine „Radiusfraktur“ (Bruch der Speiche) erlitt. „Julian geht es den Umständen entsprechend gut“, meinte Rarreck. „Ich hoffe, dass er relativ schnell zurückkehren und mit einer Karbonschiene spielen kann.“
Die Fraktur beim überragenden Draxler sorgte auch für einen Bruch im Schalker Spiel, obwohl Huntelaar und Ibrahim Afellay noch große Chancen hatten. „Wenn man die nicht nutzt, bekommt man auch gegen zehn Franzosen Probleme“, kritisierte Stevens. Anders als die Spieler, die sich von vereinzelten Pfiffen unter Druck gesetzt fühlten, weiter zu stürmen, sah Horst Heldt die Schuld nicht bei den Fans. „Der Gegner lag auf dem Präsentierteller. Es ist das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass wir einen Vorsprung verspielen“, klagte der Manager. „Nach dem 2:1 haben wir versucht, das Ergebnis nur noch zu verwalten, und aufgehört, Fußball zu spielen.“