DFB-Pokalfinale: Eine Stadt will endlich wieder positive Schlagzeilen
Das geplagte Duisburg freut sich auf das Endspiel gegen Schalke — und wittert eine Chance.
Duisburg. Die „Zebras rocken Berlin“ steht auf den T-Shirts, die im Fanshop verkauft werden. Die Fans, die sich vor dem Trainingsgelände des MSV Duisburg an der Westendstraße die Füße platt stehen, tragen das bedeutungsschwangere Stück Baumwolle schon, lassen sich die offiziellen Endspielplakate des DFB signieren. Von jedem Zweitliga-Spieler des MSV, die hier nur Zebras heißen.
Emily (2), der kleinste Fan, droht ein signiertes Plakat zu zerreißen. „Nicht anfassen“, ruft der Vater, „nur anschauen — wie die Schalker am Samstag den Pott.“ Duisburg, Stadt am westlichen Rand des Ruhrgebiets, ist hoch verschuldet, von immenser Arbeitslosigkeit geplagt. Und als es mal bunt werden sollte in all dem Grau, starben vor zehn Monaten 21 Menschen bei einer Massenpanik auf der Loveparade. Duisburg ist kein Ort von Glamour.
Oberbürgermeister Adolf Sauerland muss den Spagat schaffen, wenn der MSV erfolgreich ist. Wieviel feiern ist erlaubt, angesichts der Nähe zur Katastrophe? Die Stadt tat sich schwer, allein die „Schauinsland“-Arena ist nun offiziell freigegeben für das Fest. Das Goldene Buch ist vor Ort.
Am Samstag, wenn Kleintier Duisburg Dino Schalke im Pokalfinale herausfordert, ist das für die fünftgrößte Stadt in NRW dennoch mehr als ein Fußballspiel. „Für die Stadt ist das genauso wichtig wie für den Verein“, sagt Ivica Grlic, 35. Grlic haben die Fans, die sich mit ihrem Underdog des Ruhrgebiets im Allerlei von BVB, Schalke und Bochum behaupten müssen, in die Legenden-Elf des MSV gewählt. Seit 2004 spielt er im blau-weiß-gestreiften Zebra-Trikot, er ist Anführer, Teambetreuer, einer für alle. Und er ist verletzt. „Es wird knapp“, ruft er den neugierigen Fans zu. „Aber die Jungs schaffen das auch ohne mich.“ Trainer Milan Sasic sagt, wenn Grlic spielt, ist er der Kapitän.
Alle anderen sind ohnehin verletzt. Julian Koch, der Shootingstar der 2. Liga? Kreuzbandriss. Srdjan Baljak, der routinierte Torjäger? Kreuzbandriss. Stefan Maierhofer, die österreichische Angriffswucht? Mittelfußbruch. Dazu kommen andere, aber mit den Genannten fehlen die Gesichter dieser Mannschaft. Allenfalls Maierhofer, dieses Vieh von einem Stürmer, könnte es schaffen. „Berlin, das ist Adrenalin, da kann ich auf Händen laufen“, sagt er. Was eine kluge Pointe wäre. Um Duisburg ein bisschen Leben zurückzugeben.
“ Samstag, 20 Uhr/ARD