Dicke Lippe: Ibisevic genießt Pokal-Tor schweigend

Stuttgart (dpa) - Vedad Ibisevic genoss seinen heiß ersehnten Treffer nur auf dem Platz und ließ sich von den Mannschaftskollegen und Fans ausgelassen feiern.

An den Medienvertretern zog der Stürmer des VfB Stuttgart nach dem hart erkämpften 2:0 (1:0)-Sieg im Pokal-Viertelfinale gegen den VfL Bochum mit Verweis auf seine dicke Lippe - die er sich in einem Zweikampf zugezogen hatte - kommentarlos vorbei. Die teilweise harsche Kritik wegen seiner wochenlangen Torflaute hatte den bosnischen Nationalspieler offensichtlich so sehr getroffen, dass er nun schwieg und schmollte.

Dafür würdigten die Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten ihren nun endlich wieder erfolgreichen Angreifer. Als ehemalige Torjäger konnten sich Bruno Labbadia und Fredi Bobic bestens ins triste Seelenleben des eigentlichen Tor-Garanten einfühlen. „Ich weiß, dass einem das auf den Sack geht, wenn die Minuten gezählt werden“, sagte Trainer Labbadia. „Es ist unglaublich wichtig gewesen - auch, dass Vedad das Tor so abgezockt gemacht hat.“ Sportdirektor Bobic bescheinigte dem bisherigen Problemfall: „Das Tor hat er abgezockt und eiskalt erzielt.“

Vor seinem 2:0 gegen Bochum (81. Minute) hatte Ibisevic letztmals im Vorjahr getroffen: Ebenfalls im DFB-Pokal und ebenfalls gegen einen Zweitligisten. Per Elfmeter erzielte er am 19. Dezember gegen den 1. FC Köln das 2:0 (Endstand 2:1). Dazwischen lagen wettbewerbsübergreifend lange 766 Minuten ohne eigenen Torjubel. Wie sehr diese Durststrecke den Knipser - in der Bundesliga traf er in der Vorrunde zehnmal - nervte und belastete, belegt auch sein häufig überharter und übermotivierter Einsatz. Ibisevic fiel - auch gegen Bochum - mehr durch Fouls als durch Torgefahr auf.

Für den VfB gab es also gleich zweifachen Grund zum Feiern. Der erstmalige Einzug ins Pokal-Halbfinale seit 2007 - damals verloren die Schwaben das Endspiel gegen den 1. FC Nürnberg - überwog logischerweise die Freude über Ibisevic's wiedergewonnene Treffsicherheit. „Das ist eine Supergeschichte“, schwärmte Bobic. Schließlich ist nur noch der VfB neben Bayern München in allen drei Wettbewerben vertreten. Labbadia jubelte: „Für die Mannschaft und den Verein ist es eine Riesensache.“ Nun hoffen sie auf Losglück. „Gerne ein Heimspiel, aber nicht gegen Bayern“, sagte der Coach.

Aber selbst wenn der VfB auf den SC Freiburg oder den VfL Wolfsburg trifft - in der Verfassung vom Bochum-Spiel würde es wohl gegen keinen dieser Konkurrenten zum Einzug ins Endspiel reichen. Abgesehen vom Ergebnis stimmte gegen den aufopferungsvoll kämpfenden, aber biederen Zweitliga-13. kaum etwas. Labbadia listete gleich eine ganze Reihe an Mängeln auf: fehlende Kontrolle, fehlende spielerische Dominanz im Mittelfeld, zu einfache Ballverluste, falsches Laufverhalten. Bobic bemängelte: „Unser größtes Manko war, dass wir keine Ruhe ins Spiel gebracht haben.“

Auch die Profis kommentierten ihren Erfolg trotz aller Freude kritisch. „Nach der Führung war es leichter für uns, aber es fehlte auch ein Tick Cleverness, früher das 2:0 zu machen“, analysierte Christian Gentner, der das 1:0 (18.) erzielt hatte. Torhüter Sven Ulreich urteilte: „Man spielt einen Zweitligisten nicht einfach an den Wand, in der Verfassung, in der wir uns momentan befinden.“

Für Bochum indes „ist die Messe im Pokal gesungen“, wie Trainer Karsten Neitzel bedauerte. „Die Mannschaft und ich sind wahnsinnig enttäuscht, weil wir in der zweiten Halbzeit einen richtig guten Job gemacht haben.“