Freiburg und Coach Streich im Pokal-Rausch

Mainz (dpa) - Die 120 mitreißenden Minuten hatten selbst bei Freiburgs Stehaufmännchen Christian Streich Spuren hinterlassen.

„Alle sind platt, da wird nicht mehr viel laufen im Bus“, sagte der 47-Jährige, nachdem sein SC mit dem 3:2 (2:2, 0:2) nach Verlängerung beim FSV Mainz 05 erstmals ins Halbfinale des DFB-Pokals eingezogen war.

Auch Streich hatte an der Seitenlinie wieder Höchstleistungen vollbracht und dabei offenbar auch seine Spieler inspiriert. „Wenn unser Trainer an der Seitenlinie auf und ab hüpft, dann reißt einen das schon mit. Er ist ein sehr mitreißender Motivator. Er hat uns in der Halbzeit beruhigt und wir haben alles Negative abgeschüttelt. Das ist das, was Freiburg auszeichnet: Wir sind eine Mannschaft, die nie die Köpfe hängen lässt“, sagte Daniel Caligiuri, der mit zwei Treffern (90.+3, Foulelfmeter, 108. Minute) zur spielentscheidenden Figur avancierte.

Der Kraftakt nach der schnellen Führung der Mainzer durch Shawn Parker (2.) und Niki Zimling (4.) hatte System. „Nie aufgeben“ ist die Maxime, die nach der Gelb-Roten Karte gegen den Mainzer Zdenek Pospech (65.) spätestens mit dem Anschlusstreffer des eingewechselten Ivan Santini (86.) belohnt wurde. Die müden 05er hatten nichts zuzusetzen.

Die Bilanz der Breisgauer ist überwältigend. In den letzten elf Pflichtspielen gab es lediglich eine Niederlage. Mit Platz fünf in der Bundesliga winkt das internationale Geschäft, zum großen Pokal-Finale in Berlin fehlt nur noch ein Schritt. „Streich ist sehr authentisch, ein absoluter Fachmann. Er kennt das Freiburger Umfeld sehr gut, er ist Teil der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Er ist absolut der richtige Mann und holt das Maximum heraus“, sagte der frühere SC-Coach und heutige DFB-Sportdirektor Robin Dutt dem TV-Sender Sport1 und lobte seinen Nach-Nachfolger. Streich sei ein Fußballverrückter und „privat ein ganz normaler Typ“.

Für Dutt ist der Freiburger Höhenflug kein Zufall. „Durch ihren Charakter und ihre Laufbereitschaft sind die Freiburger in der Lage, solche Spiele wie in Mainz für sich zu entscheiden.“ Gedanken an Europa werden nicht ausgesprochen. Von Spiel zu Spiel wird gedacht. „Träume zum falschen Zeitpunkt können gefährlich sein“, sagte der Sportpsychologe der Fußball-Nationalmannschaft Hans-Dieter Hermann in der „Badischen Zeitung“. Er nannte das Wachsen von Erfolgsdruck und Ablenkung als mögliche Gefahren.

„Wir dürfen jetzt kein Prozent weniger geben in den kommenden Spielen. Wir haben bewiesen, dass wir Rückstände wegstecken können“, erklärte Daniel Caligiuri, der ein paar tröstende Worte für seinen eingewechselten Bruder Marco auf Mainzer Seite übrighatte. „Er tut mir schon ein wenig leid.

Tristesse dagegen bei Mainz 05. Auch das fünfte Pflichtheimspiel 2013 wurde nicht gewonnen. Trotz der frühen Führung fehlte die geistige und körperliche Frische, müde schleppten sich die Rheinhessen über den Platz. Schlampige Abspiele kosteten Kraft. Der Platzverweis gegen Pospech verhalf Freiburg zu noch mehr Übergewicht. „Wir haben uns das Ausscheiden komplett selbst zuzuschreiben“, kritisierte Trainer Thomas Tuchel sein Team scharf. Immerhin suchte der 39-Jährige nach seiner jüngsten Schelte für die Referees diesmal nicht die Schuld beim Unparteiischen Deniz Aytekin. „Der Schiedsrichter hat alles richtig gemacht.“