Gutzeit macht's möglich: Kleine Lösung, großer Erfolg
Kiel (dpa) - Pokalschreck Holstein Kiel feiert ausgerechnet mit der „kleinen Lösung“ auf der Trainerbank die größten Erfolge seit Jahren. Thorsten Gutzeit kannten bis vor kurzem nur Fußball-Insider, nach den Pokal-Erfolgen sind der Coach und sein Team in aller Munde.
Während einstige Bundesliga-Profis wie Frank Neubarth, Falko Götz/Andreas Thom im Gespann oder Christian Wück bei den „Störchen“ die hohen Erwartungen nicht erfüllen konnten, macht es in Nobody Thorsten Gutzeit ein gelernter Versicherungskaufmann seinen namhaften Vorgängern gerade vor. Platz 2 in der Regionalliga Nord und der sensationelle Durchmarsch ins DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Borussia Dortmund stehen 2011/12 für den 46-Jährigen zu Buche - um die Weihnachtszeit wurde gar schon vom Double Aufstieg/Cupsieg geträumt.
„Der Pokal-Hit gegen Dortmund ist sicher super für uns alle, aber es ist auch nicht das Spiel des Lebens. Der Aufstieg in die 3. Liga genießt für uns absolute Priorität, das ist klar“, betonte Gutzeit, der einst als durchaus passabler Kicker für den VfB Kiel und den Rendsburger TSV die Fußballstiefel geschnürt hat. Sein Assistent Jan Sandmann (u.a. Hamburger SV) und sein Torwarttrainer Carsten Wehlmann (HSV/FC St. Pauli) können in ihrer Vita als Aktive allerdings größere Erfolge und höhere Spielklassen vorweisen als ihr aktueller Chef.
Auf der Trainerbank läuft es nun gerade andersherum, Gutzeit ist auf einmal „in“. Denn die Herausforderung des deutschen Meisters am Dienstag im Pokalwettbewerb wurde nur möglich durch forsche Auftritte der „Störche“: Nacheinander mussten die Zweitligisten Energie Cottbus (3:0) und MSV Duisburg (2:0) sowie Erstliga-Vertreter Mainz 05 (2:0) die Waffen strecken. Und diese Siege tragen klar die Handschrift des Kieler Chefcoaches.
Denn seit er bei Holstein das Sagen hat, setzt Gutzeit in seinem Ensemble ohne Stars auf talentierte Kicker mit Perspektive und einen erstklassigen Teamgeist. Die 2010 erfolgte Beförderung des einstigen U23- und U19-Coaches zum Cheftrainer war auch mit einem Philosophie- Wechsel bei den Kielern verbunden, die seit 30 Jahren zwischen Dritt- und Viertklassigkeit herumdümpeln. Weg vom riskanten Unternehmen, erfolgreichen Fußball zu erkaufen, hin zur sportlichen Förderung eigener Nachwuchsspieler und von Talenten aus der Region.
Großen Wert legt Gutzeit auch auf die Kameradschaft im Team. So zog er seinen Kader vor dem Pokalspiel zwar zum Kurz-Trainingslager im dänischen Lögumkloster zusammen, aber nur, um die dort deutlich besseren Trainingsmöglichkeiten mit Rasenheizung auszunutzen. „Vom Teamgeist her hätten wir den Trip nicht machen müssen“, meinte er.
Auch sonst zieht Gutzeit konsequent sein Ding durch. In allen drei ohne Gegentor beendeten Pokalspielen ließ er - wie immer - offensiv spielen. Wir schauen auf uns, nicht auf die anderen, lautet sein Credo. „Ich bin kein Freund davon, das System nach dem Gegner auszurichten - egal, wie er auch heißt“, erklärte der Kieler Coach auf der Abschlusspressekonferenz vor dem BVB-Gastspiel.