Todt bremst Euphorie HSV macht seine Fans wieder glücklich
Hamburg (dpa) - Die HSV-Anhänger sangen „Wir fahren nach Berlin“, die Spieler träumen von Europa: Beim Dauer-Krisenclub Hamburger SV haben zwei Heimsiege binnen vier Tagen wieder einmal im Handumdrehen für eine große Euphorie gesorgt.
Bei der Ehrenrunde vor der HSV-Kurve im eiskalten Volksparkstadion erwärmten sich am Dienstagabend Fußballer und Fans an ihren Gedanken um das nähergerückte DFB-Pokalfinale und die mögliche Rückkehr auf die internationale Bühne. „Natürlich wollen wir ins Finale. Es sind noch zwei Spiele, aber wenn wir jedes Mal so Gas geben, können wir es schaffen“, betonte Kapitän Gotoku Sakai nach dem starken Achtelfinal-Auftritt beim 2:0 (1:0) gegen den 1. FC Köln.
Der starke Torhüter René Adler ging sogar noch einen Schritt weiter. „Ich war schon mal im Finale (2009 mit Bayer Leverkusen) und weiß, wie schön das ist. Man kann plötzlich in Berlin und dann vielleicht sogar im Europacup sein“, meinte der frühere Nationaltorhüter. „Genauso schnell kann es aber auch vorbei sein. Im Pokal heißt es alles oder nichts. Das macht diesen Wettbewerb so spannend.“
Bei aller Freude über den Cup-Coup war wie Trainer Markus Gisdol auch Sportchef Jens Todt bemüht, die plötzliche Hochstimmung beim in der Liga nur auf dem Relegationsplatz stehenden Abstiegskandidaten zu begrenzen. Er mahnte: „Der Sieg macht Mut für die nächsten schweren Wochen. Entscheidend aber ist, dass wir in der Bundesliga bleiben.“
Dennoch haben die Erfolge im Punktspiel über Leverkusen (1:0) und der mit gut zwei Millionen Euro versüßte Pokal-Viertelfinaleinzug dafür gesorgt, dass die über Jahre von den Profis nicht verwöhnten HSV-Fans wieder voll hinter ihren Lieblingen stehen. Jahresübergreifend war es sogar der vierte Pflichtspiel-Heimsieg in Serie für den HSV, dem dies zuletzt vor vier Jahren unter Trainer Thorsten Fink gelungen war.
Dabei musste Gisdol verletzungsbedingt gleich sechs Veränderungen in der Startelf vornehmen. „Ich hatte Befürchtungen, dass dies des Guten zuviel sein könnte. Aber die Mannschaft hat gut und diszipliniert gespielt“, meinte er zufrieden. Nebenbei zeigten die neu aufgebotenen Kicker, darunter der brasilianische 9,2-Millionen-Winterzugang Walace bei seinem Debüt, dass auf sie Verlass ist. „Walace hat zum Start eine couragierte, ordentliche Leistung gezeigt“, befand Gisdol. „Und wir haben gesehen, dass wir eine Reihe guter Spieler dahinter haben.“
Einer davon war Gideon Jung, der mit seinem ersten Pflichtspieltor in der 5. Minute früh die Basis zum späteren Erfolg legte. Er bereitete zudem die Entscheidung durch Bobby Wood (75.) glänzend vor. „Er ist ein toller Spieler mit einer glänzenden Perspektive. Da er oft nicht so wahrgenommen wird, freut es mich für ihn besonders“, sagte Gisdol über den zurückhaltenden Mittelfeld-Abräumer. Auch Todt lobte den mit der DFB-Trophäe als „Man of the Match“ ausgezeichneten 22-Jährigen: „Gideon ist Mister Zuverlässig. Er war heute richtig gut.“
Der Youngster wollte seine Klasseauftritt hinterher nicht so hoch hängen. „Wenn jeder seinen Teil beiträgt, kann man als Team erfolgreich sein.“ Die Freude über seinen Premierentreffer im 39. Pflichtspiel für den HSV konnte der Defensiv-Spezialist aber doch nicht kaschieren. „Ich danke dem lieben Gott, dass heute alles so gut geklappt“, sagte Jung und hoffte, dass es positiv weitergeht für den HSV: „Jetzt wünsche ich uns eine gute Auslosung“. Ein weiteres Pokal-Heimspiel würde die Chancen auf Berlin und Europa erhöhen.