Petrus ein Dortmunder? Münchner Triple-Feier im Regen
München (dpa) - Petrus muss Dortmund-Fan sein. Anders ist kaum zu erklären, was der Himmel dem FC Bayern und seinen Fans an diesem Sonntag zumutet. Der Verein hat gerade Fußball-Geschichte geschrieben und zum ersten Mal in der Historie des deutschen Fußballs das Triple geschafft.
Die große Party aber fällt ins Wasser. Es schüttet wie aus Eimern an diesem Tag. Das Wetter, das wenige Kilometer entfernt im Alpenvorland für schwere Überschwemmungen und sogar Katastrophenalarm sorgt, spielt nicht mit.
Der Dauerregen drückt zwar nicht auf die Stimmung, schon aber die Zahl der Anhänger, die ihre Mannschaft trotz Regens feiern wollen. 100 000 Fans hat der FC Bayern zur großen Party erwartet - es kommen aber mit rund 16 000 deutlich weniger, schätzt die Polizei, die mit etwa 700 Beamten im Einsatz ist, einige davon aber in die oberbayerischen Hochwasserregionen abordnen musste.
Die Fans, die da sind, feiern allerdings ordentlich mit einer Mischung aus Stolz über den sportlichen Erfolg und Galgenhumor über das Wetter. Immer wieder singen sie die Bayern-Hymne „Stern des Südens“ und schließlich gemeinsam mit der Mannschaft auf dem Balkon „We Are The Champions“. Bastian Schweinsteiger stimmt an: „Ein Schuss, ein Tor, die Bayern.“ Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), bekennender Fan von 1860 München, nennt den FC Bayern „die Krone des Fußballs“ und lädt die Mannschaft ein, sich ins Goldene Buch der Stadt einzutragen.
Die meisten Fans versuchen, sich mit Schirmen, Regenjacken oder Planen gegen das Wasser von oben zu schützen, einige haben den Kampf aber schon aufgegeben und springen singend und tanzend in die Pfützen, die sich langsam aber sicher in kleine Bäche verwandeln. Sie knien sich sogar hin auf den nassen Platz - ein Kniefall vor ihrer Mannschaft: „Deutscher Triple-Sieger FCB“.
„Scheiß auf das Wetter, wir geben Vollgas“, ruft der verletzte Holger Badstuber, der den Balkon auf Krücken betritt, den Fans zu. Die Mannschaft ist entschlossen, sich die unbändige Freude über diesen einzigartigen sportlichen Erfolg nicht vom Wetter kaputt machen zu lassen. Die Spieler und Trainer Jupp Heynckes haben sich in traditionelle Lederhosen geworfen für die Party. In einem an den Seiten offenen Doppeldeckerbus fahren sie gut gelaunt die rund drei Kilometer lange Strecke von der Münchner Freiheit zum Marienplatz - und symbolträchtig am Siegestor vorbei.
Dante, der nicht mitfeiern darf, schickt eine weitere launige Videobotschaft aus Brasilien, in der er sein Trikot küsst und diesmal sogar singt: „Wir gewinnen Meisterschaft, wir gewinnen Champions League und Pokal auuuch.“ Seine Mannschaftskollegen tanzen und springen in ihrem Bus und später auf dem Balkon - vielleicht auch, um sich warm zu halten. Ganz vorne im Bus sitzt der krisengeschüttelte Präsident Uli Hoeneß mit einem Bierbecher in der Hand.
Einige Tausend Fans säumen trotz Schmuddelwetters die Straßen. Vor dem „Triple-Bus“ fährt das „Triple-Mobil“, ein Auto mit Schaukasten, in dem die drei Trophäen durch die Stadt gefahren werden wie bei den Katholiken die Monstranz zu Fronleichnam.
Trainer Heynckes trinkt Cola, während viele seiner Spieler auch nach der Berliner Partynacht Bier bevorzugen. „Um sieben bin ich gegangen und da waren immer noch Leute da“, sagt Thomas Müller dem „Bayerischen Rundfunk“. „Es war intensiv, es war lang“, sagt Philipp Lahm und verrät auch, wen er für den ungekrönten Partykönig der Pokalnacht hält: Manuel Neuer. Auf dem Balkon macht der Torwart diesem Titel auch alle Ehre. Er ist außer Rand und Band, setzt sich die Champions-League-Trophäe auf den Kopf, will die Meisterschale gar nicht mehr loslassen und schmiert sich auch noch Weißbier-Schaum ins Gesicht.
Auch bei Franck Ribéry scheint es spät geworden zu sein. Seine Stimme hat merklich gelitten. „Ich hatte eine Supernacht“, sagt Schweinsteiger. „Das, was passiert ist, sagen wir lieber nicht.“ Später ist er derjenige, der den Fans die jüngste Trophäe, den DFB-Pokal, präsentiert. Kapitän Lahm präsentiert die Schale und Heynckes den Champions-League-Henkelpott. „Jupp, Jupp, Jupp“ grölen die Fans - auch angestachelt von Heynckes selbst. „Jupp, Jupp, Hurra.“ Die Triple-Feier ist auch seine Abschieds-Party. Viele Fans auf der Straße wünschen sich, er würde einfach weitermachen. Zu Ehren seines Trainers klebt Neuer eine Heynckes-Maske auf den Kopf einer Statue am Rathaus. Wie sagte Schweinsteiger nach dem Spiel in Berlin? „Ihm müsste man eigentlich ein Denkmal in München bauen.“