Schalke-Party ohne Ende - Tränen beim MSV Duisburg

Berlin (dpa) - Nach dem krönenden Schlusspunkt eines verkorksten Bundesliga-Jahres machten die Schalker Pokal-Helden die Nacht in Berlin zum Tage - und auch in Gelsenkirchen war Party pur angesagt.

„Es war ein versöhnlicher Abschluss einer turbulenten Saison. Jetzt werden wir feiern, uns zwei Tage erholen und dann wieder an die Arbeit gehen“, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies nach dem 5:0-Sieg im DFB-Pokalfinale gegen den überforderten Zweitligisten MSV Duisburg. Der spanische Fußball-Star Raúl hielt zum ersten Mal in seiner Karriere einen nationalen Cup in Händen und war fast außer sich vor Freude: „Ich bin stolz und glücklich.“

„Eine unfassbare Atmosphäre“, sagte Manager Horst Heldt nach der Rückkehr aus Berlin. 24 Cabrios, auf deren Motorhauben in großen Lettern „Pokalsieger 2011“ prangte, bewegten die Schalker Profis im Schneckentempo durch die Menschenmassen. Besonders dicht belagert waren die Autos, in denen Superstar Raúl und Torwart Manuel Neuer saßen. Allerdings kam es auch zu einem kleineren Zwischenfall, als ein Fan aus dem Gewühl heraus dem Nationaltorwart eine Ohrfeige verpasste. Neuer reagierte zunächst erschrocken, nahm es aber dann äußerlich gelassen und feierte anschließend weiter.

Als Kapitän Manuel Neuer den begehrten „Pott“ aus den Händen von Bundespräsident Christian Wulff entgegennahm, kannte der Jubel bei Spielern und Fans keine Grenzen. „Es war der krönende Abschluss der Saison, ein wunderschöner Abend“, sagte Neuer, um dessen als sicher geltenden Wechsel zu Bayern München in diesem Sommer weiterhin ein Verwirrspiel betrieben wird. Vor allem Tönnies nährte wieder Zweifel an einer schnellen Abwicklung des Transfers: „Ich bin strikt dagegen, dass Manuel geht. Wir würden unseren Führungsspieler verlieren. Mein Grundsatz ist: Die Rechnung ist erst zu Ende, wenn ein Strich drunter ist.“

Mit frühen Toren von Julian Draxler (18. Minute) und Klaas-Jan Huntelaar (22.) zeigten die „Königsblauen“ dem verletzungsgeplagten MSV schnell die Grenzen auf und stellten mit den Toren von Benedikt Höwedes (42.), José Manuel Jurado (55.) und Huntelaar (70.) den eigenen Endspiel-Rekord von 1972 (5:0 gegen Kaiserslautern) fast mühelos ein. Gleichwohl kann der fünfte Cup-Erfolg die miserable Bundesliga-Saison mit Platz 14 nicht vergessen machen.

„Das ist ein Traum. In der Kabine hat es ordentlich gerappelt, da haben wir ein paar Lieder gesungen und das eine oder andere Bierchen getrunken“, sagte Neuer, der nun die Entscheidung des Aufsichtsrats über seine Zukunft abwarten muss. Falls dieser das Bayern-Angebot wider Erwarten ablehnt, hätte der 25-Jährige kein Problem damit, den 2012 auslaufenden Vertrag zu erfüllen. „Es gilt abzuwarten, was die Bosse sagen“, sagte Neuer. Sportvorstand Horst Heldt kündigte eine Entscheidung binnen einer Woche an.

Für Coach Ralf Rangnick war vor allem die Qualifikation für die Europa League von großer Bedeutung. „Mitnehmen können wir neben dem Pokal vor allem die Gewissheit, dass wir auch im nächsten Jahr international spielen“, sagte er. Der Nachfolger von Felix Magath, mit dem Schalke noch in das Finale eingezogen war, wertete seine rund neunwöchige Tätigkeit als Erfolg, weil man mit dem frühzeitigen Klassenerhalt, den beiden Highlights gegen Inter Mailand in der Königsklasse und dem Pokalsieg „alle drei Ziele erreicht“ habe.

„Wir freuen uns unheimlich“, lobte Sportdirektor Horst Heldt die Elf, die sich nach zuletzt sechs Pflichtspielpleiten zusammenriss und ihr in den Pokalwettbewerben gezeigtes Potenzial abrief. Heldt: „Nach der Saison mit Höhen und Tiefen hat die Mannschaft nochmal alles gegeben.“ Nun muss er gemeinsam mit Rangnick den über 70 Millionen Euro teuren und zu großen Kader reduzieren, ohne dass er an Qualität verliert. „Jetzt wird erstmal gefeiert, dann können wir uns mit den planerischen Dingen befassen“, meinte Rangnick.

Beim MSV waren die Tränen der Enttäuschung nach der vierten Niederlage in einem Pokalfinale nach 1966, 1975 und 1998 schnell getrocknet. „Diese Mannschaft wird keiner als Verlierer-Team bezeichnen. So viel Charakter, so viel Wille, so viel Leidenschaft“, sagte Trainer Milan Sasic, der aus dem deprimierenden 0:5 neue Visionen entwickelte.

Freimütig bekannte der 52-Jährige, dass die ersten Minuten nach der Pleite von Sentimentalität und trauriger Rührseligkeit geprägt waren: „Das war schwer, die Tränen sind geflossen.“ Doch Sasic und die Seinen, die ebenfalls begeistert empfangen wurden, erkannten schnell den wahren Wert dessen, was sie gemeinsam erreicht hatten und was bleibt.

Das Positive will Sasic mit in die neue Saison nehmen. „Ich tröste mich mit einem schnellen Blick in die Zukunft.“ Diese indes ist ungewiss, denn der MSV steht vor einem mannschaftlichen Totalumbruch. Mindestens acht Profis werden der Wedau den Rücken kehren, unter ihnen auch die 2010/11 herausragenden Torjäger Stefan Maierhofer und Verteidiger Julian Koch. „Es tut weh, dass jetzt viele Spieler diese Mannschaft verlassen werden“, schilderte Goran Sukalo das Problem.