Stanislawski muss in Hoffenheim gehen - Babbel kommt

Zuzenhausen (dpa) - Fußball-Bundesligist 1899 Hoffenheim hat nicht viel Geduld mit Holger Stanislawski bewiesen und dem Trainer nach nicht einmal acht Monaten den Stuhl vor die Tür gesetzt.

Einen Tag nach dem Pokal-Aus gegen den Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth gaben die Nordbadener die Trennung von dem 42-Jährigen bekannt. Als Nachfolger steht Markus Babbel parat, der am 18. Dezember bei Hertha BSC gefeuert worden war. „Ich gehe davon aus, dass wir morgen einen Vertrag unterschreiben“, sagte Manager Ernst Tanner der „Rhein-Neckar-Zeitung“.

Der 39 Jahre alte Babbel soll am Freitag als neuer Coach vorgestellt werden und in der Begegnung des Tabellenachten am Samstag bei Werder Bremen bereits auf der Bank sitzen.

„Wir schätzen Holger Stanislawski als Menschen und als fachkundigen Trainer. Doch nach einem langen, konstruktiven Gespräch mit ihm sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass es besser ist, die Zusammenarbeit im Interesse aller Beteiligten zu beenden“, erklärte Tanner in einer Pressemitteilung. „Die jüngsten sportlichen Entwicklungen waren hierfür sicherlich ausschlaggebend.“ Im Trainingszentrum in Zuzenhausen verlas Tanner später nur eine dürre Erklärung, wollte keine Fragen beantworten und bat um Verständnis: „Wir haben in zwei Tagen ein Bundesliga-Spiel in Bremen und arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung.“

Diese heißt nun Markus Babbel: Der Europameister von 1996 war ausgerechnet beim 1:1 in Hoffenheim am 17. Dezember zum letzten Mal Hertha-Trainer. Danach eskalierte der Streit mit Manager Michael Preetz um seinen zum Sommer 2012 geplanten Abschied aus Berlin. Die beiden bezichtigten sich öffentlich gegenseitig der Lüge, einen Tag später musste der 51-fache Nationalspieler gehen.

Dasselbe Schicksal ereilte nun Stanislawski. Der langjährige Coach des FC St. Pauli betreute 1899 erst seit Beginn dieser Saison und hatte ursprünglich einen Vertrag bis zum 30. Juni 2014. Die Hoffenheimer waren am Mittwochabend mit 0:1 gegen Fürth im DFB-Pokal-Viertelfinale ausgeschieden. Bereits am Samstag nach dem 2:2 gegen den FC Augsburg hatte Stanislawski heftig seine Spieler kritisiert und erste Zeichen von Resignation gezeigt. In der Liga holte sein Team aus den letzten zehn Spielen nur einen Sieg und gewann die letzten fünf Heimspiele nicht mehr.

Stanislawski scheiterte auch am mächtigen Mäzen Dietmar Hopp. Der Milliardär hatte einerseits einen Sparkurs ausgerufen. So wurden Leistungsträger wie Demba Ba, Chinedu Obasi und Vedad Ibisevic verkauft. Andererseits wollte Hopp nicht länger mit ansehen, wie sich die Hoffenheimer, die enorm an Klasse verloren haben, allmählich zum Abstiegskandidaten entwickelten. Noch am 30. Januar hatte der SAP-Mitbegründer in einem „Kicker“-Interview gemahnt: „Wir müssen Geduld haben, das habe ich auch Stani gesagt. Und ich hoffe, Stani ist in acht Jahren noch hier.“

Am Donnerstagmorgen bekam „Stani“, wie ihn auch in Hoffenheim alle nannten, von Tanner mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist. Da half auch die lautstarke Unterstützung der Fans im Pokalspiel nichts mehr: Als die Mannschaftsaufstellung vom Stadionsprecher ausgerufen wurde, da brüllten die Anhänger nach jedem Spieler-Vornamen: „Stanislawski!“ Auch nach der Niederlage riefen die Zuschauer nach dem 1899-Coach, der winkte um 20.53 Uhr noch einmal Richtung Südtribüne. Da ahnte er schon, dass er im Kraichgau keine Perspektive mehr hatte. Zumal Hopp seine Arbeit noch kurz vor der Partie öffentlich kritisiert hatte: „Ich sehe keine Linie im Spiel der Mannschaft, es ist keine Entwicklung zu erkennen.“

Stanislawski lobte am Mittwochabend noch sein Team für einen engagierten Auftritt, spielerisch war die Partie jedoch wieder einmal ein Armutszeugnis. Und so musste er als fünfter Trainer in der laufenden Bundesliga-Saison seinen Posten vorzeitig räumen. In Hoffenheim ist nach dem Abgang von Erfolgscoach Ralf Rangnick vor gut einem Jahr keine Kontinuität eingekehrt: Nach Marco Pezzaiuoli scheiterte nun der volksnahe Stanislawski, der dem Retortenclub Seele und Leidenschaft einhauchen sollte. Mit dem Cheftrainer verlassen auch seine Assistenten André Trulsen und Hans-Peter Nemet den Club.