DFB-Tarnstürmer gegen Kasachstan? - Bangen um Khedira
Frankfurt/Main (dpa) - Großer Mario oder kleiner Mario? Das ist auch für Joachim Löw die Schlüsselfrage vor der Fußball-Pflichtaufgabe der Nationalmannschaft in Kasachstan.
Und auf dem ungewohnten Kunstrasen spricht einiges dafür, dass der Bundestrainer bei der Nachtschicht in Astana im Angriff die von ihm propagierte neue Variante mit dem 1,76 Meter kleinen Dortmunder Mario Götze der Standardlösung mit dem 13 Zentimeter größeren Bayern-Torjäger Mario Gomez vorziehen könnte.
„Es ist eine Möglichkeit, Mario Götze vorne spielen zu lassen“, sagte Löws Assistent Hansi Flick in Frankfurt, vertagte aber noch die endgültige Entscheidung für das erste der zwei WM-Qualifikationsspiele gegen die Kasachen: „Wir werden nach den Trainingseinheiten entscheiden, wer vorne in der Spitze spielt.“
Zuvor bereitete Löw aber eine seit Monaten verlässliche Konstante Sorgen. Sami Khedira musste bei der ersten Übungseinheit auf Kunstrasen am Dienstag am Frankfurter Riederwald das Training wegen einer Knöchelverletzung abbrechen. Wie schlimm die Verletzung ist und ob er womöglich für das Spiel in Kasachstan ausfällt, blieb zunächst unklar. Khedira verließ jedenfalls mit bandagiertem Knöchel den Trainingsplatz.
Dort waren Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger erst gar nicht entschieden. Podolski, der wegen der Gelb-Sperre des Dortmunders Marco Reus erster Kandidat für den linken Flügel wäre, ist angeschlagen. Der Arsenal-Profi habe noch „kleinere Probleme“ mit dem Knöchel. „Man muss auf ihn achten“, sagte Flick mit Blick auf die Partie am Freitag, die wegen des Zeitunterschiedes in der überdachten Astana-Arena um Mitternacht Ortszeit angepfiffen wird.
Auch Vize-Kapitän Schweinsteiger plagt sich noch mit muskulären Problemen herum und absolvierte wie Podolski am Dienstagabend eine Fitnesseinheit im Teamhotel. Beide Akteure sollen aber nach DFB-Angaben am Mittwoch wieder dabei sein. Nach den Absagen von Toni Kroos, Lars und Sven Bender hatte es Löw trotz der angeschlagenen Akteure vorerst beim reduzierten 20-Mann-Kader belassen.
Löw möchte das spanische System mit einem „falschen Neuner“ im Angriff auch beim DFB-Team bis zur WM 2014 in Brasilien unbedingt als eingespielte Alternative zur gewohnten 4-2-3-1-Formation mit Gomez oder dem aktuell verletzten Miroslav Klose in der Spitze einüben lassen. Schon beim 0:0-Testspiel in den Niederlanden agierte der Edeltechniker Götze als verkappter Angreifer. Und beim 2:1 zum Jahresauftakt in Frankreich durfte sich Spielmacher Mesut Özil nach der Auswechslung von Gomez in vorderster Linie versuchen.
„Mit einem spielenden Neuner kann man sehr flexibel spielen, hat offensiv viele Möglichkeiten“, erläuterte Götze. Der 20-Jährige ist innerlich bereit für die Spezialaufgabe: „Es ist keine ungewohnte Position für mich. Ich denke, sie unterscheidet sich nicht sehr von der 10, die ich in Dortmund spiele. Es sind nur kleine Nuancen.“
Löw betonte, dass gerade auf Kunstrasen Kombinationsfußball gefragt sei. „Man muss den Ball in den Fuß spielen, flach halten.“ Das spricht eher für Götze als den Abschluss-Spezialisten Gomez. „Mario ist einer, der auch auf engstem Raum den Ball sehr gut behauptet. Er hat ein sehr gutes Kombinationsspiel, und er ist auch torgefährlich“, zählte Flick die Vorzüge von Götze auf. Aber, so erinnerte der Co-Trainer, auch Gomez habe im Oktober 2010 beim 3:0-Sieg im ersten von bislang zwei Duellen mit den Kasachen in Astana als Torschütze bewiesen, „dass er auf Kunstrasen glänzen kann“.
Mit intensiven Pass- und Spielformen werden die deutschen Spieler bei den Trainingseinheiten in Frankfurt an den Bodenbelag gewöhnt. Löw setzt bei der erst dritten Kunstrasenpartie in der über 100-jährigen Länderspielgeschichte des DFB auf die spielerische Überlegenheit seiner Akteure. „Für unsere technisch beschlagene Mannschaft ist der Kunstrasen vielleicht auch ein kleiner Vorteil, als wenn wir in Kasachstan auf einem schlechten Rasen spielen würden“, meinte er. „Wir müssen den Ball sauber spielen“, erklärte Per Mertesacker, der in Abwesenheit der verletzten Mats Hummels und Holger Badstuber als Abwehrchef gesetzt ist.
Egal, ob Löw sich für den großen oder kleinen Mario entscheiden wird, das Ziel für den am Donnerstag beginnenden 43-Stunden-Trip hinter den Ural ist klar formuliert. „Wir müssen die Bedingungen annehmen, zeigen, was wir können und dann schnell zurück. Das ist die Devise“, so Mertesacker. Auch Löw äußerte in der ersten Teamsitzung die Forderung nach „sechs Punkten“ aus den beiden Spielen gegen den Weltranglisten-139.: „Weil wir in der WM-Qualifikation die beste Ausgangsposition haben wollen, die wir haben können, um im September in die Endphase zu gehen“. Eine Zitterpartie um das WM-Ticket im letzten Spiel am 15. Oktober gegen Schweden mit Zlatan Ibrahimovic in Stockholm gilt es zu vermeiden.