Die FIFA-Exekutivmitglieder unter Verdacht

Zürich (dpa) - Fast die Hälfte der FIFA-Exekutive steht oder stand inzwischen unter Betrugsverdacht. Die Nachrichtenagentur dpa dokumentiert die einzelnen Fälle und stellt die Funktionäre vor.

Mohamed bin Hammam (62, Katar): Gegenspieler von FIFA-Chef Sepp Blatter. Einen Tag nach dem Rückzug seiner Kandidatur um das Präsidentenamt von der FIFA-Ethikkommission vorläufig suspendiert. Beim Treffen der Karibischen Fußball-Union am 10. Mai in Port of Spain/Trinidad soll er versucht haben, mit insgesamt einer Million Dollar Stimmen von 25 karibischen Funktionären zu kaufen. FIFA-Exekutivmitglied seit 1996, seit dem 1. August 2002 Präsident des Kontinentalverbandes Asien (AFC). Hat die Vorwürfe bestritten.

Jack Warner (68, Trinidad & Tobago, FIFA-Vize): Kündigt einen „Fußball-Tsunami“ an. Als vermeintlicher Komplize von bin Hammam wird er beschuldigt, karibische Delegierte beim Treffen in Port of Spain in ein Konferenzzimmer gebeten und ihnen dort ein „Geschenk“ offeriert zu haben. Soll jedem der 25 Funktionäre 40 000 Dollar Bargeld angeboten haben. Wie bin Hammam vorläufig suspendiert. Gehörte zudem zu mehreren Funktionären, die vom früheren englischen Verbandschef David Triesman bezichtigt wurden, unlautere Forderungen vor den WM-Vergaben gestellt zu haben. In dieser Sache wird laut FIFA aber kein Verfahren eröffnet. Seit 1983 in der Exekutive, seit 1990 Präsident des Kontinentalverbandes Nord- und Mittelamerika/Karibik (CONCACAF). Weist sämtliche Anschuldigungen zurück.

Joseph Blatter (75, Schweiz, FIFA-Präsident): Bin Hammam wirft dem Schweizer vor, von angeblichen Zahlungen an FIFA-Mitglieder aus der Karibik gewusst, aber zunächst nichts dagegen unternommen zu haben. Der FIFA-Boss musste ebenfalls vor die Ethikkommission, wurde aber nicht sanktioniert. Er habe den Ethik-Code nicht verletzt. Seit 1998 FIFA-Präsident und Mitglied der Exekutive. Will am Mittwoch wiedergewählt werden. Hat keinen Gegenkandidaten mehr. Meinte jüngst bei einer Pressekonferenz: „Krise? Was ist eine Krise?“

Julio Grondona (79, Argentinien, FIFA-Vize): Soll laut einem Bericht der Zeitung „The Wall Street Journal“ als Chef des argentinischen Verbandes AFA 78,4 Millionen Dollar aus Katar erhalten haben. Wies Vorwürfe zurück: „Ich bin fast 80 Jahre alt. Ich will mich deshalb nicht mehr mit so etwas befassen.“ Hält Korruption im Weltverband aber für möglich: „Ich glaube, dass es überall Korruption gibt. Niemand ist perfekt.“ Intimus von FIFA-Chef Blatter. Will Vizepräsident bleiben, „so lange mich meine Beine tragen“. Steht dem argentinischen Verband seit 1979 vor. Exekutivmitglied seit 1988.

Issa Hayatou (64, Kamerun, FIFA-Vize): Vom britischen Politiker Damian Collins beschuldigt. Soll 1,5 Millionen Dollar dafür bekommen haben, um bei der Vergabe der WM 2022 für Katar zu votierten. Bezeichnete die Anschuldigungen als „reine Erfindung“. Soll auch in den 90er Jahren Bestechungsgelder angenommen haben. Diese Vorwürfe hatte die FIFA sofort als gegenstandslos bezeichnet und den Fall für beendet erklärt. FIFA-Exekutivmitglied seit 1990. Seit 1988 Präsident der afrikanischen Konföderation CAF.

Ricardo Teixeira (63, Brasilien): Gehörte zu mehreren Funktionären, die vom früheren englischen Verbandschef David Triesman der Bestechung bezichtigt werden. Soll vor der Abstimmung über die WM 2018 Gegenleistungen für sein Votum gefordert haben. Die FIFA entlastete ihn von den Anschuldigungen, es gebe kein Verfahren. Andere Bestechungsvorwürfe gehen bis in die 90er Jahre zurück, die FIFA hatte den Fall prompt für erledigt erklärt. Kündigte rechtliche Schritte an. Brasilianischer Verbandschef. In der Exekutive seit 1994.

Nicolás Leoz (82, Paraguay): Wurde wie Teixeira von Triesman beschuldigt. Soll einen Ehrenrittertitel für seine Stimme gefordert haben. Die FIFA entlastete ihn von den Vorwürfen, es soll kein Verfahren eröffnet werden. Wird außerdem bezichtigt, in den 90er Jahren Bestechungsgelder angenommen zu haben - auch diesen Fall hatte die FIFA für erledigt erklärt. Rechtsanwalt. Seit 1986 Präsident des südamerikanischen Verbandes CONMEBOL, der die Vorwürfe zutiefst bedauerte und bestritt. In der FIFA-Exekutive seit 1998.

Worawi Makudi (59, Thailand): Ebenfalls von Triesman wegen Bestechung beschuldigt. Am Montag entlastete ihn die FIFA von den Triesman-Vorwürfen, es werde kein Verfahren eröffnet. Wegen der Affäre aber inzwischen nicht mehr Präsident des thailändischen Verbandes. Wies die Vorwürfe zurück. Exekutivmitglied seit 1997.

Jacques Anouma (59, Elfenbeinküste): Vom britischen Politiker Collins beschuldigt. Für seine Stimme für Katar 2022 soll er 1,5 Millionen Dollar bekommen haben. Katar bestreitet die Zahlungen, Anouma die Vorwürfe. Präsident des Ivorischen Verbandes seit 2002, Präsident der Union der ostafrikanischen Verbände seit 2004. Exekutivmitglied seit 2007.

Reynald Temarii (43, Tahiti): Soll bereit gewesen sein, seine Stimmen bei der Vergabe der WM 2018 und 2022 zu verkaufen. Ist im November vergangenen Jahres von der FIFA-Ethikkommission für ein Jahr von allen Aktivitäten im Fußball ausgeschlossen worden. Durfte bei der WM-Vergabe nicht mitstimmen. War Präsident des ozeanischen Kontinentalverbandes OFC. Exekutivmitglied seit 2004.

Amos Adamu (58, Nigeria): Wie Temarii wird ihm vorgeworfen, seine Stimmen für die WM 2018 und 2022 verkauft zu haben. Wurde von der FIFA im November 2010 für drei Jahre gesperrt. Exekutivmitglied seit 2006.