Die milde Rüge des zornigen Bundestrainers

Löw: "Ein noch aktiver Spieler darf in der Öffentlichkeit nicht über Trainer urteilen."

Düsseldorf. Joachim Löw musste erst einmal tief Luft holen. Sein Blick richtete sich an die Decke, sein Oberkörper fiel nach hinten in die Sitzlehne. Erst nach einem Augenblick Ruhe beugte er sich vor zum Mikrofon. „Wir hatten auch schon, bevor Philipp Kapitän wurde, einen engen Austausch und ich habe ihn immer als ehrlichen und offenen Menschen kennen gelernt. An unserem Verhältnis wird sich selbstverständlich nichts ändern“, sagte der Bundestrainer.

Die Anspannung wich ihm dennoch nicht aus dem Gesicht. Zu intensiv musste sich Löw in den vergangenen Tagen mit dem viel diskutierten Buch des Kapitäns des Nationalteams beschäftigen.

Zu unangenehm war dem 51-Jährigen offenbar die Situation, erstmals gemeinsam mit Lahm in der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen. „Es stört mich schon, mich immer wieder mit anderen Themen zu beschäftigen“, sagte Löw. Am Abend zuvor hatten der DFB-Trainerstab sowie Manager Oliver Bierhoff ein Gespräch mit Lahm geführt, dass außer einer verbalen Rüge zu keinen weiteren Konsequenzen führte.

„Ich persönlich finde es nicht glücklich, wenn man als aktueller Spieler in der Öffentlichkeit über Trainer urteilt. Das steht niemandem zu“, sagte Löw. Heute folgt ein Austausch mit dem Spielerrat.

Lahm selbst wirkte, wohl auch, weil er keine Repressalien zu befürchten hat, entspannt. „Der Trainer hat mir gesagt, dass er es nicht gut findet, dass man über aktuelle Trainer redet. Das wird auch nicht mehr vorkommen“, sagte Lahm. In dem Buch stünden keine Interna. „Das würde ich auch nicht machen“, sagte Lahm und widersprach damit allen Kritikern — auch seinem Podiums-Nachbarn Löw. „Jeder Spieler kann also nach wie vor zu mir kommen und mit mir sprechen.“