Löw-Rüge für Buchautor Lahm: „Steht niemandem zu“

Düsseldorf (dpa) - Joachim Löw hat seinen schreibenden Kapitän Philipp Lahm öffentlich kritisiert - mit der klaren Rüge soll das heiß diskutierte Buch für den Bundestrainer aber auch zu den Akten gelegt sein.

„Ich persönlich finde es nicht glücklich, wenn man als aktueller Spieler in der Öffentlichkeit über Trainer urteilt. Das steht niemandem zu“, sagte Löw in Düsseldorf bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lahm vor dem EM-Qualifikationsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Österreich. Der gescholtene Bayern-Profi zeigte sich reumütig und schloss weitere Aktivitäten als trainerkritischer Schriftsteller aus.

„Das Buch ist gedruckt, deswegen kann ich nichts mehr rausnehmen. Ich werde nicht mehr über Trainer urteilen. Wenn der Bundestrainer das so will, werde ich mich daran halten“, sagte der 27-Jährige. Auch dank der schnellen Einsicht ging Lahm straffrei aus. „An unserem vertrauensvollen Verhältnis ändert sich selbstverständlich nichts“, betonte Löw. Mildernde Umstände bekam er zudem zugesprochen, da laut Löw in dem Buch „Der feine Unterschied“ nach ausführlicher Lektüre keine ausgeplauderten Interna zu finden seien - auch nicht über angebliche Streitereien im deutschen EM-Quartier 2008.

Sichtlich zerknirscht hatte Lahm „nach einigen nicht so angenehmen Tagen“ mit einem kleinen Sicherheitsabstand neben Löw auf dem Podium in der Düsseldorfer Stadthalle Platz genommen. Erstmals gestand der Außenverteidiger, mit der Kritik an den Methoden seiner Ex-Trainer Rudi Völler, Jürgen Klinsmann, Felix Magath und Louis van Gaal einen Fehler begangen zu haben. Auch über die eigene mediale Offensive vor dem offiziellen Verkaufsstart zum Wochenbeginn schien Lahm nicht mehr glücklich. Die Aufregung über sein Buch habe ihn aber doch überrascht. Denn: „Es ist ein leises Buch“, sagte Lahm.

Unbelastet soll das Verhältnis von Löw und Lahm bleiben, beteuerte der Bundestrainer. „Ich kenne Philipp als authentisch, als ehrlich, als klar in seinen Vorstellungen“, sagte Löw. Eine Abnahme der gerade erst im Juni offiziell zuerkannten Kapitänsbinde habe nicht zur Diskussion gestanden, berichtete der Bundestrainer.

Am Vorabend hatten Löw und Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff ihre Führungskraft im Teamhotel zu einem Gespräch gebeten. Am Tag danach wurde das unrühmliche Kapitel vor dem versammelten Kader angesprochen. Allen soll klar sein, dass die recht lasche „Lex Lahm“ bei künftigen Verfehlungen nicht wieder zur Anwendung kommen muss. Eine finale Analyse mit dem Mannschaftsrat steht in den Tagen vor dem Duell mit Österreich laut Löw noch an - dann soll das Thema endgültig ruhen.

Ohnehin war für Löw das größte Ärgernis, dass er sich nach dem monatelangen Theater um Ex-Capitano Michael Ballack schon wieder mit einem ungewünschten Kapitäns-Thema auseinandersetzen musste, statt die sportlichen Ziele in Ruhe verfolgen zu können. „Es stört, dass wir tagelang andere Themen diskutieren“, gestand der Bundestrainer. Von nun an soll nur noch der wichtige Vergleich mit Österreich in Gelsenkirchen im Mittelpunkt stehen. „Wir brauchen noch einen Sieg, um für die EM planen zu können. Es ist nötig, uns auf den Fußball zu konzentrieren“, erklärte Löw.

Ohne den mit Löw-Erlaubnis zu Vertragsverhandlungen nach England gereisten Per Mertesacker und den verletzten Sven Bender absolvierte Löw am Dienstagnachmittag mit 20 verbliebenen Akteuren die erste Trainingseinheit in Düsseldorf. Erstmals im DFB-Dress trainierte Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler. Der vom FC Arsenal umworbene Abwehrspieler Mertesacker wurde von Löw noch am Dienstagabend zurück erwartet. Dann soll auch seine Konzentration ganz dem Österreich-Spiel gelten. Gegen Österreich und im Testspiel vier Tage später in Danzig gegen Polen muss Löw auf Mittelfeldspieler Bender verzichten. Der Dortmunder fällt wegen einer Verletzung am Sprunggelenk aus. Zuvor hatten verletzungsbedingt bereits Sami Khedira, Mario Gomez und Neuling Marco Reus absagen müssen.

Laut Bierhoff ist der Lärm um Lahm kein Hindernis. „Stören tut es uns in der Vorbereitung nicht. Wir sind alle professionell und die Spieler können damit umgehen“, sagte er. Ein Sieg gegen Österreich würde durch das dann fix gebuchte EM-Ticket auch die Arbeit des Teammanagers erleichtern. „Wir haben es in der Hand, selbst alles klar zu machen und frühzeitig für die EM planen zu können“, sagte Bierhoff.