EM 2016 0:0 gegen Polen: Auf der Suche nach dem Rhythmus
Deutschland — Polen 0:0 — Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw tut sich schwer im torlosen Spitzenspiel
Saint-Denis. Die Entscheidung über den Weg des Weltmeisters ins Achtelfinale der Europameisterschaft in Frankreich ist vertagt. Im zweiten Spiel kam die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw im Stade de France von Saint-Denis im Spitzenspiel gegen die Polen über ein am Ende enttäuschendes 0:0 nicht hinaus.
Sieben Monate nach den Bombenanschlägen von Paris gab es am Donnerstagabend keine nennenswerten Zwischenfälle vor dem Spiel in der Stadt und im Stadion, die Polizeipräsenz war massiv in und um die Arena, die Einlasskontrollen schon Stunden vor Spielbeginn intensiv. Auf der Tribüne saß Fredi Bobic, Europameister von 1996. Die aktuelle Nationalmannschaft scheint von der geplanten Titelmission noch ein ganzes Stück weit entfernt. Nordirland hatte zuvor überraschend mit 2:0 gegen die Ukraine gewonnen.
War das Spiel gegen die Ukraine zum Euro-Auftakt in Lille fast noch ein Heimspiel für den Weltmeister, machten Zehntausende Polen die Begegnung im Stade de France zu ihrer. Kaum zu glauben, wie viele weiß-rote Fans den Weg in die französische Metropole gefunden hatten. Die größte Neuigkeit hatte es schon Stunden vor der mit Spannung erwarteten Begegnung gegeben. Entgegen seiner Absicht, seine Formation vom 2:0 gegen die Ukraine nicht zu ändern, nominierte Joachim Löw doch Mats Hummels in der Innenverteidigung neben Jerome Boateng.
Offenbar trieb ihn die Sorge um die gefährliche Sturmreihe der Polen um Hummels' zukünftigen Mannschaftskollegen Robert Lewandowski doch intensiver an als er zuzugeben bereit war. Jedenfalls musste in Saint-Denis Shkodran Mustafi zurück auf die Bank, ansonsten blieb Löw aber bei seiner angekündigten Devise, seine Formation nicht zu ändern. In der Offensive erhielt erneut Mario Götze das Vertrauen, Mario Gomez vom türkischen Meister Besiktas Istanbul kam erst in der 71. Minute. Früher hätte der Angreifer kaum so gelassen reagiert wie in den Tagen der Europameisterschaft 2016.
Im Mittelfeld war auch keine Änderung zu erwarten. Toni Kroos und Sami Khedira sind ebenso unumstritten wie Mesut Özil vom FC Arsenal. Löw setzt weiter auf seinen Lieblingsschüler, weil es in der Nationalmannschaft keinen technisch Besseren gibt „als den besten Profi aus der Premier League“ (Arsene Wenger). Auch die Außenpositionen, offensiv wie defensiv, ließ der Bundestrainer in Saint-Denis unverändert.
Hummels, offensichtlich lange noch nicht bei 100 Prozent, zeigte zu Beginn zahlreiche Unsicherheiten. Die Mannschaft von Trainer Adam Nawalka kam immer wieder zügig in die gefährliche Zone, weil die deutsche Mannschaft nur über die linke Seite über den starken Jonas Hector und Julian Draxler druckvoll agierte. Über die rechte Seite blieb Vieles Stückwerk, Thomas Müller scheint weit von seiner Bestform entfernt. Auch Özil blieb in seinem 75. Länderspiel zunächst farblos, Khedira und er handelten sich zudem früh vollkommen unnötige Gelbe Karten von Schiedsrichter Björn Kuipers aus den Niederlanden ein.
Die einzigen wirklichen Chancen resultierten aus einem Kopfball von Götze (4.) und einem Schuss von Toni Kroos nach Flanke von Müller von der linken Seite (16.). Lewandowski schoss in der 22. Minute gefährlich auf das Tor des Bayern-Kollegen Manuel Neuer. „Heute haben wir nur das Ziel, sie zu besiegen, danach sind wir wieder Freunde“, sagte Lewandowski vorher. Mario Götze blieb in der deutschen Sturmmitte weitgehend wirkungslos, ihm gelang es nicht, wirklich Gefährlichkeit auszustrahlen und musste André Schürrle Platz machen (66.).
Die größte Chance für die Polen vergab Arkadiusz Milik, offenbar überrascht von einer Flanke von Kamil Grosicki, mit einem Kopfball sofort zu Beginn des zweiten Durchgangs, als die Polen mächtig Druck machten. Nach einem Freistoß von Lewandowski verfehlte Milik erneut knapp das Ziel (58.), Lewandowski scheiterte nur eine Minute später selbst an dem erneut überragenden Boateng. Die deutsche Mannschaft befreite sich mit Mühe, dem Spiel fehlte das Überraschungsmoment, die zündende Idee.
Vor dem Spiel hatte die Polizei an der Grenze zu Belgien zwölf Hooligans an der Einreise gehindert und aus dem Verkehr gezogen, es handelte sich dabei Polizeiangaben zufolge um neun karteibekannte Deutsche und drei polnische Staatsbürger. (GEA)