Em-Tagebuch Bonjour - Die Zwischenbilanz
Die Zwischenbilanz ist verheerend. Nach 32 von 51 Spielen bei dieser Europameisterschaft lässt sich festhalten: Der Franzose kann nichts. Gar nichts. Nicht mal Wetter kann er. Seit zwei Wochen regnet es mehr oder weniger durch.
Wenn mal keine Tropfen fallen, reicht die Zeit gerade so aus, um die Regenjacke auszuziehen - dann schüttet es aus Trotz auch schon wieder. Noah würde sich wohlfühlen.
Dass es auch besser geht, zeigt der Schweizer. Dreimal führte der Weg über Genf zu den deutschen Spielen, drei Mal strahlte dort die Sonne. Der Schweizer hat natürlich auch das nötige Kleingeld. Wer 7,50 Euro für ein belegtes Baguette verlangt, kann sich auch Sonne kaufen.
Dem Franzosen fehlt dafür das nötige Pulver. Klar, wer auf die Straße geht, um gegen das Aufheben der 35-Stunden-Woche zu protestieren, dem bleibt kaum Netto von wenig Brutto. Es läuft einfach nicht in Frankreich. Schlechtes Wetter, kaum Tore bei der EM und dann gefallen sich die Gewerkschafen noch darin, Züge und Flieger zu bestreiken. Der Grande Nation geht es schlecht.
So schlecht, dass sie sogar auf deutsche Hilfe zurückgreift, wenn etwas unbedingt laufen muss. So, wie die Spülung. Kein Hotelzimmer, in dem nicht Geberit seine Kästen verbaut hätte. Schweizer Firma, produziert ausschließlich in Pfullendorf. Nach der Spülung folgt das Händewaschen. Wasser sprudelt aus der Armatur von Hansgrohe. Beheimatet in Baden Württemberg. Wenn Laufen mal absolut ungewünscht ist, kommen die Aufzüge von Hofmann ins Spiel. Das hessische Unternehmen lässt Franzosen gen Himmel fahren und geleitet sie wieder sicher nach unten. Deutsche Ingenieurskunst prägt somit den französischen Alltag. Würde der Franzose natürlich niemals einräumen. Aber was ist auch von einem Land zu erwarten, dessen Wappentier auf einem Misthaufen steht und stolz kräht?
Dann aber diese Franzosen selbst. Verzücken mit einer Streicher-Gruppe in Mannschaftsstärke die Metrostation. Setzen sich im Regen vor die Cafés. Markise, Heizpilz, Entspannung. Flanieren durch die Gassen (Zeit genug haben sie ja). Nirgendwo lässt sich besser leben als in Frankreich. Heute soll dazu auch noch das Wetter sonniger werden. Ab dem Achtelfinale werden die Spiele besser und torreicher. Und ob die Bahnen dann fahren oder nicht, ist recht egal. Irgendwie kommt man schon weiter. Und wenn es nicht das ursprüngliche Ziel ist, dann eben ein anderer schöner Fleck. C'est la vie.