Bundesliga-Isländer: Sturmgarant und Botschafter
Saint-Denis (dpa) - Fast ganz Fußball-Europa ist verliebt in Island. Doch wie können alle neuen Fans ihre unbeugsamen Wikinger anfeuern? Mit einem Internetvideo gibt Augsburgs Alfred Finnbogason vor dem EM-Viertelfinale gegen Frankreich am Sonntag (21.00 Uhr) einen Crashkurs in Fußball-isländisch
Von „Áfram Ísland!“ (Auf geht's Island) über Basis-Ausdrücke „Mark!“ (Tor), „Rautt spjald!“ (Rote Karte) oder „Ragnstæða!“ (Abseits) bis zu „Dómari, hvað ertu að gera!“ (Schiedsrichter, was machst du da!). Und auch wie man so richtig schimpft: „Helvítis fokking fokk!“ (freundlich übersetzt: verdammte Hölle).
Es ist nicht überliefert, ob sich Finnbogason dies selbst einmal insgeheim während dieser Europameisterschaft schon leise gedacht hat. Nach zwei Gelben Karten bei zwei Kurzeinsätzen über insgesamt 30 Minuten verpasste der 27 Jahre alte Stürmer das letzte Gruppenspiel gegen Österreich gesperrt und saß auch im Achtelfinal-Duell mit England draußen. Sein Ziel sei es, immer in der Startelf zu stehen, sagte Finnbogason einmal. „Natürlich bin ich enttäuscht, wenn ich das nicht schaffe.“
Ganz anders läuft das Turnier bislang für den zweiten Bundesliga-Profi im Team des sensationellen EM-Debütanten. Bei allen vier bisherigen Partien war der drei Jahre jüngere Jon Bödvarsson vom 1. FC Kaiserslautern im Angriff gesetzt und erzielte beim 2:1 über Österreich den so wichtigen Ausgleich.
Und so sitzt er auch bei der Pressekonferenz im EM-Quartierort Annecy vor dem Viertelfinal-Duell neben Teamkollege Birkir Saeversson und Trainer Lars Lagerbäck auf dem Podium. Überraschend entspannt plaudert Bödvarsson über seinen schwedischen Coach („großer Teil des Erfolgs“), die französische Alpen-Kleinstadt („ein fantastischer Ort“) und natürlich auch die gestiegene Aufmerksamkeit für den kleinsten EM-Teilnehmer: „Das ist ein fantastischer Schritt in der Sport-Geschichte Islands. Das ist gut für unsere Zukunft.“
Neben ihm hat England-Siegtorschütze Kolbeinn Sigthorsson seinen Platz in der Doppel-Spitze sicher, für Finnbogason und Routinier Eidur Gudjohnsen blieb bislang die Jokerposition. „Ihn habe ich schon beobachtet, als ich aufgewachsen bin. Er hatte eine fantastische Karriere, es ist toll, ihn dabei zu haben“, schwärmt Bödvarsson über den 37 Jahre alten früheren Chelsea-Stürmer, der inzwischen eher als Mentor und Maskottchen fungiert.
Eine aktive Position auf dem Feld will bald auch wieder Finnbogason einnehmen. Bis dahin übernimmt er die Rolle als Botschafter für seine Heimat. In einem zweiten Internetvideo, das vor dem Frankreichspiel veröffentlicht wurde, präsentiert er Island aus der Helikopter-Perspektive und schreibt dazu: „Wenn ihr uns unterstützt, solltet ihr auch unser Land kennenlernen.“