Mesut Özil Doch noch der Motor des Weltmeisters?
Paris. Warum er zum „Man of the Match“ gewählt und von Ex-Nationalspieler Steffen Freund ausgezeichnet wurde, konnte er sich selbst nicht wirklich erklären. Das können bei diesem Turnier die meisten Gewählten nicht.
Aber Mesut Özil konnte nach dem Sieg gegen Nordirland im Pariser Prinzenpark zumindest darauf verweisen, dass „wir den Gegner komplett beherrscht haben“. Was nicht das ganz große Kunststück war, da die tapferen Nordiren bis auf einen Schuss von Jamie Ward von Nottingham Forest in der 26. Minute nichts Gefährliches auf das Tor von Manuel Neuer brachten. „Ich kann mich an keine einzige Torchance des Gegners erinnern“, fasste Özil deshalb weitestgehend korrekt zusammen.
„Natürlich ärgere ich mich, dass wir so wenig Tore gemacht haben“, sprach Özil, der nach der Marschroute des Bundestrainers zentral wie rechts spielte und sich fast ideal mit Thomas Müller ergänzte. Alles bestens, bis auf die Tatsache, dass beide bei diesem Turnier weiter auf ihre ersten Treffer warten. „Eigentlich wollten wir viele Tore schießen, das haben wir uns zumindest vor dem Spiel gegen die Nordiren vorgenommen. Es war der einzige Nachteil dieses Abends, dass wir es nicht geschafft haben.“ Özil selbst kam vor allem im zweiten Durchgang in aussichtsreiche Schusspositionen.
Dass sein Trainer Arsene Wenger ihn für „einen sehr guten, wenn nicht besten Spieler der Premier League“ hält, konnte Özil aber auch gegen die aufopfernd kämpfenden Nordiren noch nicht wirklich unter Beweis stellen. Obwohl das Spiel auch für ihn ein entscheidender Schritt nach vorne war. So sah das zumindest der Bundestrainer, „auch wenn ich nicht damit zufrieden sein kann, welch große Anzahl von Chancen wir in diesem Spiel nicht genutzt haben. Das muss sich mit Beginn der Entscheidungsspiele ändern“.
Özil selbst beurteilt seine Leistung bei der Europameisterschaft bisher als überzeugend. „Ich bin zufrieden mit meiner Vorstellung in Frankreich.“ Und damit meinte er auch seine eher zurückhaltenden Darbietungen gegen die Ukraine und gegen Polen. Und diese Meinung hatte er weitestgehend exklusiv. Dass er in Paris besser aussah, hatte vor allem damit zu tun, dass er gegen den rückwärts orientierten Gegner genügend Räume hatte, um seine extravagant gute Technik auszuspielen. Dienlich war dabei auch, dass die Außenspieler, vor allem Joshua Kimmich vom FC Bayern auf der rechten Seite, stets anspielbar waren. Mesut Özil war an allen Offensivaktionen des Weltmeisters beteiligt.
Wie überhaupt die Schachzüge von Löw in diesem Spiel fast ausschließlich richtige waren. Und einer dieser Schachzüge betraf Özil. Der Deutsch-Türke vom FC Arsenal, der auf den Straßen von Gelsenkirchen das Kicken lernte und vor jedem Spiel in Richtung Mekka betet, zeigte, dass er für den Bundestrainer in diesem Turnier noch sehr wichtig werden kann. Özil bezeichnet die Europameisterschaft als „große Herausforderung, gerade zwei Jahre nach dem Weltmeistertitel in Brasilien. Aber wir müssen das Ding in Frankreich gewinnen. Alles andere wäre für uns alle eine Enttäuschung. Wir sind nach Frankreich gekommen, um Europameister zu werden.“
Keiner äußerte sich vor dem Turnier optimistischer als Özil, der beim FC Arsenal eine starke Saison spielte und am Ende in der Premier League Zweiter hinter Sensationsmeister Leicester City wurde. Und dennoch scheint es immer so, als stehe sich dieser hochbegabte wie zurückhaltende Fußballer stets ein wenig selbst im Weg. Aber auch das ist für Özil kein Problem: „Man braucht keine Lautsprecher, um Titel zu gewinnen. Wir brauchen keine, die auf dem Platz herumschreien. Wir funktionieren als Mannschaft, wir helfen uns gegenseitig, das ist unser Erfolgsgeheimnis.“ (GEA)