Deutsches Team Findet Deutschland das Tor?

„Ein oder andere Veränderung“ im DFB-Team gegen Nordirland — Hummels vertraut offensiv auf individuelle Klasse. Die Qualifikation für das Achtelfinale ist nur noch Formsache, aber damit will sich die DFB-Elf bei dieser Fußball-EM nicht zufrieden geben. Gegen Nordirland soll an diesem Dienstag (18 Uhr, live in der ARD) der Gruppensieg perfekt gemacht werden.

Joachim Löw ließ sich bei der Pressekonferenz entschuldigen. Mit einer leichten Erkältung und Halsschmerzen wollte sich der Bundestrainer lieber auf das Abschlusstraining konzentrieren.

Foto: Arne Dedert

Paris. Joachim Löw ließ sich bei der Pressekonferenz entschuldigen. Mit einer leichten Erkältung und Halsschmerzen wollte sich der Bundestrainer lieber auf das Abschlusstraining konzentrieren. Kräfte sparen für die wichtigen Aufgaben — das könnte auch das Motto der DFB-Elf im dritten Gruppenspiel gegen Nordirland werden.

Schon vor dem Turnier habe sich angedeutet, „dass vielleicht nicht alle Spieler alle sieben Spiele durchspielen können“, sagte Ko-Trainer Thomas Schneider. Die personellen Überlegungen führte er nicht im Detail aus, aber „es kann schon sein, dass es die ein oder andere Veränderung geben wird“. Unabhängig davon hält das Trainerteam an der Zielsetzung fest: „Wir wollen unser Spiel gewinnen und uns als Gruppenerster qualifizieren“, sagte Schneider.

Auf welchen Positionen sind Wechsel denkbar? Potenzial für Experimente bietet sich am ehesten in der Offensive, die gegen Polen nicht überzeugte und wenig Abschlüsse erspielte. Vielleicht bekommt Mario Gomez eine Chance im Angriff anstelle von Mario Götze. Der Münchner könnte statt Julian Draxler auch auf dem linken Flügel zum Einsatz kommen oder eine Verschnaufpause erhalten. Außenseiterchancen auf dem Flügel hat Leroy Sané. „Er hat sehr gut trainiert und macht einen guten Job, wie die anderen jungen Spieler auch. Vielleicht kommt seine Chance im Laufe des Turniers noch“, hielt sich Schneider aber bedeckt. Auch die Variante, Thomas Müller in die Sturmspitze zu beordern, sei „mal durchdacht“ worden, sagte der Ko-Trainer.

Wie wollen die Deutschen den nächsten Abnutzungskampf gegen einen defensiven Gegner angehen? „Das ist ein Thema, das wir in den letzten Tagen besprochen haben“, sagte Verteidiger Hummels. „Ein bisschen mehr Risiko in den Eins-gegen-Eins-Situationen“ und mehr Abschlüsse aus der Distanz sollen für mehr Gefahr sorgen. An der Offensive zweifelt der 27-Jährige — trotz fehlender Durchschlagskraft im letzten Spiel — nicht: „Da sind wir von der individuellen Qualität so gut, dass wir in den kommenden spielen mehr Chancen und mehr Tore haben werden als gegen Polen.“ Den nordirischen Spielstil verglich Hummels mit dem der Schotten und der Iren aus der Qualifikation. „Sie sind physisch und mental stark. Sie leben von ihrer Leidenschaft. Wir müssen von der ersten Minute an das bessere Team sein, damit sie gar nicht erst glauben, eine Chance zu haben.“

Der Gegner:
Der aktuelle 25. der Weltrangliste nimmt zum ersten Mal an einer Europameisterschaft teil. In der Qualifikation feierten die Nordiren in zehn Spielen sechs Siege, holten drei Unentschieden und schlossen ihre Gruppe damit als Erster vor Rumänien und Ungarn ab. „Wir respektieren den Gegner sehr“, versicherte Thomas Schneider. Nach ausgiebiger Analyse sieht Hummels sich gut auf den Gegner vorbereitet: „Sie werden uns nicht ganz fremd sein.“ Dabei machen die Nordiren nicht nur sportliche Schlagzeilen. Singen wollte Hummels den legendären Fan-Song über Stürmer Will Grigg nicht, aber er war angetan: „Mal sehen, ob er nach dem Spiel sein Trikot entbehren kann. Er soll nicht treffen, aber ich bin jetzt schon ein großer Fan von ihm.“ Genau wie von Conor Washington, der vor einigen Jahren neben dem Fußball noch als Briefträger arbeitete. „Ich liebe solche Stories“, sagte Hummels. Die Außenseiterrolle nehmen die Nordiren gerne an, aber „uns ist auch bewusst, dass es schwächen gibt im deutschen Team. Keine Mannschaft ist perfekt. Wir glauben, dass wir ihnen weh tun können, und haben gezeigt, wie stark wir bei Kontern sind.“

Die Bilanz: 14 Duelle zwischen Deutschland und Nordirland hat es bereits gegeben, von denen die DFB-Elf acht gewann. Viermal trennten sich die Teams unentschieden, zweimal siegten die Nordiren — in der Qualifikation zur EM 1984 in Frankreich, jeweils mit 1:0. Das letzte Aufeinandertreffen gab es am 4. Juni 2005 in Belfast. Deutschland siegte 4:1 durch Treffer von Michael Ballack (2), Gerald Asamoah und Lukas Podolski.

Die Prognose: Die Nordiren liefern nette Geschichten, werden auf dem Platz aber keinen Meter verschenken. Auf die leichte Schulter darf die deutsche Mannschaft den Gegner nicht nehmen, aber wenn sich die Möglichkeit zum Experimentieren bietet, dann wohl im letzten Gruppenspiel. Disziplin und Geduld werden gefragt sein. Ein frühes Tor wäre hilfreich, um im Fernduell gegen Polen um den Gruppensieg vorzulegen.